Mittwoch, 13. Juli 2011

Google+: Ordnung in die Kreise bringen

Nachdem mein Google+-Stream langsam unübersichtlich geworden ist, habe ich mir eine Ordnung für die Kreise überlegt, die Sinn macht und gut zu benutzen ist.

Grundlagen:
  1. Unterschiedliche Kreise zur allgemeinen Gruppierung, zum Lesen des Streams und zum Posten
  2. Buchstaben am Beginn der Kreisnamen zur Sortierung
    Update: Mittlerweile ist es glücklicherweise möglich, die Kreise manuell umzusortieren. Für die Android-App macht es aber immer noch Sinn, die Buchstaben zu haben, weil dort weiterhin alphabetisch sortiert wird. (Wie das am iPhone aussieht, weiß ich nicht.)
  3. Eigene Methode zum Umgang mit unbekannten Leuten, die mit einem teilen.

Lesekreise
Mein Stream ist zu groß geworden, es passiert zu schnell zu viel. Weniger, weil alle paar Sekunden ein neuer Post reinkäme, oder so (so schlimm ist es noch nicht), aber weil es einfach zu viel Zeit verschlingt, sich um alles zu kümmern, was via Google+ so reinkommt.
Also muss eine Priorisierung her – Circles, die ausdrücken, wie wichtig es mir ist, dass ich die Beiträge der betreffenden Person wirklich mitbekomme.
Dazu gibt es jetzt „A – Freunde“, „B – Familie“ (leider noch kaum gefüllt), „C – Bekannte“, „D – Kollegen“, „E – Rest“, „Y – Wenn Zeit ist“ und „Z – Berufliche Kontakte“ (derzeit leer und deshalb am Schluss). Dazu noch „X – Neu“, da komme ich später noch drauf.
A-D dürften klar sein. „Rest“ sind Leute, die ich nicht näher kenne, denen ich aber folge. Daraus ausgemustert habe ich außerdem Leute, die sehr viel posten (auch wenn es interessant sein mag). Ein Blick auf den „Rest“ soll jederzeit mal zwischendurch möglich sein, ohne dass ich gleich wieder eine halbe Stunde am Rumlesen bin.
Diese Leute sind in „Y – Wenn Zeit ist“ gelandet. Diesen Kreis lese ich nur, wenn ich gerade wirklich Zeit dazu habe. Wenn ich da mal ein paar Posts nicht mitbekomme, ist das nicht so schlimm.
Die Buchstaben vornedran dienen nur der Sortierung in der Android-App. Da die Kreise dort immer alphabetisch sortiert erscheinen, kann ich beim Lesen neuer Nachrichten einen Lesekreis nach dem anderen Durchklicken.
Wichtig für Lesekreise: Jeder Kontakt darf nur exakt einem Lesekreis angehören, sonst sieht man Posts doppelt.

Schreibekreise
Natürlich können auch direkt die Lesekreise als Adressaten von Posts dienen, speziell bei Freunden, Familie und Bekannten ist das auch sinnvoll.
Zusätzlich macht es aber Sinn, weitere Kreise zu definieren, um schnell und einfach Posts an bestimmte Gruppen adressieren zu können. Bei mir gibt es dafür „ZD – Deutsch ohne“, „ZE – Englisch ohne“ und „ZF – Franken“.
Die Buchstaben dienen wiederum dazu, dass die Kreise am Schluss der Liste erscheinen. Außerdem kann ich beim Zuweisen der Kreise für einen Post schnell „zd“ tippen und bekomme gleich den passenden Kreis als Vorschlag. („ze“ überschneidet sich leider mit „Zeit“ aus „Y – Wenn Zeit ist“, da besteht noch Optimierungspotential. :-) )
„Ohne“ soll jeweils heißen, dass beispielsweise nicht alle deutschsprachigen Kontakte enthalten sind – es gibt ein paar wenige Leute, mit denen ich auch Posts nicht unbedingt teilen will, die ich ansonsten mehr oder minder öffentlich verteile.
Ansonsten ist diese Trennung vor allem dazu da, englischsprachige Kontakte nicht mit deutschen Posts zu nerven.
„ZF – Franken“ ist für Meldungen mit regionalem/lokalem Charakter. :-) Außerdem gleichzeitig ein Gruppierungskreis, siehe unten.
Natürlich kann man sich noch viel feiner unterscheidende Schreibekreise anlegen. Wenn es zu viele werden, kann aber schnell der Überblick verloren gehen, und statt besseren Überblicks ergibt sich dann eher noch mehr Verwirrung.

Gruppierungskreise
Einfach für die persönliche Referenz und Gruppierung habe ich noch einige Kreise, die beschreiben, woher ich Leute kenne („ZZ – +linux.de“, „ZZ – Diaspora“), wo sie wohnen („ZF – Franken“) etc.
Alle, die einem Gruppierungskreis angehören, müssen notwendigerweise auch noch anderen Kreisen angehören, sonst teile ich nur öffentliche Posts mit ihnen.
Zusätzlich gibt es noch einen Kreis „ZZ – Noch nicht da“. Dort befinden sich alle Leute, die ich eingeladen habe, die sich aber noch nicht bei Google+ angemeldet haben. Diese Leute stecken wirklich nur in diesem Kreis. Von Zeit zu Zeit sehe ich nach, ob beim einen oder anderen das Briefumschlags-Symbol verschwunden ist und sortiere sie ggfs. in die passenden Kreise ein. Update: Seit Google einen benachrichtigt, wenn ein Eingeladener Google+ beigetreten ist, ist das nicht mehr notwendig.

Umgang mit Unbekannten, die mit mir teilen
Größeres Update: Mittlerweile gibt es eine „Ignorieren“-Funktion in Google+, die ich zunächst für die Lösung des Problems hielt. Ist sie aber nicht. Ich habe den jetzt folgenden Text entsprechend überarbeitet.

Grundsätzlich könnte man dafür die Funktionen benutzen, die Google+ mitbringt: Posts von Leuten außerhalb meiner Kreise erscheinen ohnehin nicht im Stream, sondern nur unter „Nicht in Kreisen“. Diese Posts könnte man sich dann und wann ansehen und die Leute dann entweder in Kreise einsortieren oder ignorieren.
Das Problem: Im „Nicht in Kreisen“-Stream erscheinen nur die Posts, die nicht öffentlich sind, nur die also, die der Autor an bestimmte Kreise bzw. Alle/Erweiterte Kreise adressiert hat.
Da viele Google+-User in erster Linie öffentlich posten, eignet sich der „Nicht in Kreisen“-Stream nicht zur Beurteilung, ob man sie in Kreise stecken möchte oder nicht.
Außerdem sieht man dort auch Posts von Leuten, die einen gar nicht hinzugefügt haben, aber an ihre Erweiterten Kreise gepostet haben.
Es gibt zwei Möglichkeiten, damit umzugehen:

Möglichkeit 1: Wenn man Google+ in erster Linie als Medium versteht, um sich möglichst vielen Leuten mitzuteilen, weniger, um interessante Leute zu finden, sind Googles eingebaute Funktionen ausreichend. Wenn einen jemand einkreist, schaut man vielleicht kurz auf sein Profil, entscheidet, ob er/sie interessant ist und nimmt sie/ihn in die eigenen Kreise auf oder nicht. Damit wird man manch einen interessanten Menschen verpassen, der vielleicht gerade neu bei Google+ ist, noch nichts gepostet hat und/oder sein Profil noch nicht ausgefüllt hat. Ein regelmäßiger Blick in den „Nicht in Kreisen“-Stream nützt nur dann, wenn derjenige meist nicht öffentlich postet. Diese Methode kann natürlich auch sinnvoll sein, wenn man „berühmt“ ist und viele Follower hat, täglich neue dazubekommt. Dann ist Möglichkeit 2 zu zeitaufwendig.

Möglichkeit 2 (die, die ich nutze): Man nimmt jedesmal, wenn einen ein Unbekannter eingekreist hat, diesen in einen „Kreis der Neuen“ auf, bei mir „X – Neu“. Die Nachrichten in diesem Kreis sieht man sich dann und wann an und entscheidet dann, ob man diese Leute jeweils in die regulären Kreise aufnimmt oder aus dem Kreis der Neuen wieder rausschmeißt. Diese Möglichkeit bietet den Vorteil, dass man alle Nachrichten des anderen mitbekommt, öffentlich oder nicht öffentlich, und vor allem, dass man sich auch von Neumitgliedern über längere Zeit ein Bild machen kann, bevor man über die Einkreisung entscheidet.

Was fehlt
Unpraktisch ist vor allem, dass die Android-App derzeit keine Möglichkeit bietet, den Stream nach Circles zu filtern. Somit sehe ich dort immer alles, auch meine ignorierten Kontakte. Ich denke aber, dass dieses Feature bald kommen wird. Update: Falsch, geht doch: Man muss auf Circles klicken, dort einen auswählen und dort unten „Posts“ auswählen. Etwas umständlich, aber funktioniert. Danke für den Hinweis, Christian!
Update 2: Seit Version 1.0.2 kann man sich in der Android-App Kreise definieren, zwischen denen man dann in der Stream-Ansicht hin- und herswipen kann. Wunderbar!

Leider muss man auch jedesmal, wenn man von irgendeiner anderen G+-Ansicht zurück auf den Stream wechselt, wieder den Circle anwählen, den man sehen will. Google+ merkt sich den zuletzt angesehenen Kreis nicht und startet immer mit dem gesamten Stream.
Nett wäre es außerdem, wenn man mehrere Kreise gleichzeitig zur Betrachtung anwählen könnte (wie bei Diaspora) und sowas wie einen Zähler für ungelesene Nachrichten in jedem Kreis hätte.

Das ganze ist nicht perfekt, momentan für mich aber die beste Lösung. So behalte ich den Überblick und verpasse nie Nachrichten von denen, die mir wirklich wichtig sind.

Montag, 11. Juli 2011

Der Abbau der Privatsphäre und die schleichende Gewöhnung daran

Im Zuge der Einführung von Google+, meiner eigenen Begeisterung dafür und allem, was man bei einem neuen sozialen Netzwerk an Privatsphäre-Fragen zu bedenken und einzustellen hat, ist mir eines aufgefallen:
Es macht mir immer weniger aus, wenn Unternehmen immer mehr über mich wissen. Privatsphäre, früher ein sehr wichtiges Thema für mich, wird zweitrangig, meine Standards weichen immer mehr auf.
Es gab Zeiten, da wäre es für mich undenkbar gewesen, Google Mail zu nutzen. Der großen Datenkrake meine privaten E-Mails zum Lesen geben? Nie und nimmer!
Aber dann musste der Freund, der für mich MX gespielt hatte, kurzfristig seinen Server vom Netz nehmen. Ich brauchte schnell einen Ersatz und dachte an den alten GMail-Beta-Account, den ich irgendwann zu Testzwecken mal aufgemacht hatte. Und dann führte mich Mailplane in die Nutzung der Webapp ein, und ich wollte keinen Desktop-MUA mehr benutzen, weil GMail so viel besser war.
Damals hatte ich noch Bauchschmerzen bei meiner Wahl des E-Mail-Providers, speziell was die Konatkte betraf. Heute ist das selbstverständlich für mich.

Natürlich gehörte ich auch einmal zu den Leuten, die den Browser per Default grundsätzlich keine Cookies akzeptieren lassen. Nur wo es nötig ist, wurde ausgewählten Seiten das Setzen ermöglicht. Heute lasse ich das schon aus Bequemlichkeit bleiben und nutze Chrome. Mit Ghostery habe ich immer noch ein Plugin, das Trackern das Leben schwer macht, und das ich auch behalten werde. Die Zeiten, in denen ich mich über Seiten, die nur mit Cookies funktionierten, maßlos ärgern konnte, sind aber lange vorbei.

Dazu kommt noch das Messen mit zweierlei Maß, das ich an mir beobachten musste.
Auf Facebook irgendwem außer meinen „Freunden“ zeigen, mit wem ich „befreundet“ bin? NIEMALS!!11 Auf Google+ war die Liste der mit Leute in meinen Kreisen zeitweise öffentlich.
Auf Facebook hatte ich das Profil größtenteils nicht einmal ausgefüllt, um dem gruseligen Datenmonster so wenig wie möglich zum Fraß vorzuwerfen. Bei Google habe ich das alles gleich an der Pforte abgegeben, auch wenn viele Informationen nur für einige wenige meiner Kontakte sichtbar sind.
In gewisser Weise ist es meiner Ansicht nach schon berechtigt, Google etwas weniger misstrauisch zu begegnen als Facebook. Google gibt die Daten im allgemeinen nicht an Dritte weiter, und auch wenn ich die Defaults ein bisschen freizügig finde, so sind gute, „sichere“ Privatsphäre-Einstellungen nicht wie bei Facebook erst im gefühlt hundertsten Menü bestmöglich versteckt zu finden, sondern klar und offensichtlich.
Trotzdem ist es ein bisschen seltsam, dass bei mir ein und dieselbe Funktion in Facebook die Alarmglocken schrillen lässt, während sie in Google+ zumindest relativ ungefährlich wirkt.

Was habe ich mich vor etwa einem halben Jahr noch darüber aufgeregt, dass Diapora-Profile öffentlich sichtbar waren und von Google indiziert wurden! Ein echtes Bild von mir, verbunden mit dem oft benutzten Nick und einem Link zu meinem Blog, wo notgedrungen die echte Adresse im Impressum steht – das wollte ich gar nicht!
Bei der ersten erfolgreichen Anmeldung bei Google+ wurde mein Google-Profil öffentlich, und das vorher nicht vorhandene Bild reichte ich auch noch nach. Einfach so, wieder ein Mäuerchen eingerissen.
Mal ganz abgesehen davon, dass Facebook an dieser Stelle in Sachen Privatsphäre sogar die Nase vorn hat: Ein Profil ganz vor Suchmaschinen verstecken kann man nur dort, Google+ bietet diese Option nicht.

User-Tracking durch Facebook mit Hilfe des Like-Buttons? Verwerflich! Den Säcken gehört das Handwerk gelegt!
Google tut das auch, mit dem +1-Button? Nicht schön, aber sowas braucht man jetzt anscheinend … ?

Wie oben schon geschrieben: Ich halte es durchaus für berechtigt, Facebook gegenüber weit mehr Skepsis an den Tag zu legen als Google gegenüber. Als weiteres Beispiel sei genannt, dass ich bei Google+ nicht mehrere Stunden gebraucht habe, um alle Privatsphäre-Einstellungen zu finden, zu verstehen und auf sinnvolle Einstellungen zu setzen. Und https ist bei Google+ Standard.
Trotzdem ist es erschreckend, wie sehr das Privatsphäre-Schutzbedürfnis auch davon abhängt, wie sehr ich den mag, der mir anbietet, es aufzuweichen.
Was ich heute auf Google+ so alles tue und was ich alles mit anderen teile ist weit mehr als das, was ich mir dahingehend noch vor Jahresfrist hätte vorstellen können.

Was ist das? Das Aufgeben irrationaler Ängste? Die Aufweichung eigentlich sinnvoller Standards?
Beides ein wenig. Und es ist ganz schwer einzuschätzen, ob es mehr vom einen oder mehr vom anderen ist.

Freitag, 1. Juli 2011

Google+, der erste ernsthafte Konkurrent für Facebook

Da hat Google am Mittwoch einen echten Paukenschlag gelandet: Einfach so, mir nichts, dir nichts, wird ein fertiges Social Network aus dem Hut gezaubert. Und ganz anders als bei früheren Versuchen wie Google Buzz, das die meisten hierzulande nicht einmal kennen dürften, hat Google diesmal vieles richtig gemacht.
Der neue Dienst sieht toll aus und lässt sich klasse bedienen – vieles läuft per Drag&Drop, alles ist schnell, gut verständlich und aufgeräumt. Facebook wirkt dagegen sehr altbacken und träge und vor allem extrem kompliziert – was bei Facebook seitenweise kaum verständliche Einstellungen sind, ist bei Google eine einzige Seite, die klar und deutlich ist und zumindest nach einer ersten Einarbeitung in das Konzept von Google+ auch keine Fragen offen lässt.
Denn eines ist natürlich klar: Google+ ist keine 1:1-Kopie von Facebook. Es gibt eigene Konzepte, die zwar so fast alle auch anderswo schon zu sehen waren, die aber für den wechselwilligen Facebook-User zunächst einmal eine Umgewöhnung bedeuten und verstanden werden müssen.

Circles (Kreise)
Das ist der größte Unterschied zwischen Facebook und Google: Circles oder Kreise. Das sind Gruppen, in die man seine Kontakte einordnet.
Auch Facebook bietet die Möglichkeit, Gruppen zu erstellen, dort ist aber etwas völlig anderes damit gemeint: Eine Facebook-Gruppe ist so etwas wie ein Mailverteiler. Man sendet etwas an die Gruppe, und alle Gruppenmitglieder können es lesen. Außerdem kann jedes Gruppenmitglied selbst auch Mitteilungen an die Gruppe schreiben. Jeder kann Andere zu Gruppen hinzufügen (die dann selbst wieder austreten müssen, wenn sie das nicht wollen), jeder kann zumindest einen Antrag an den Gruppen-Administrtor (meist der Gründer) stellen, um einer Gruppe beizutreten. Update: Eben auf Hinweis von Thomas gefunden: Neben Gruppen gibt es auch Listen, und die stellen diese Funktionalität zur Verfügung. Es ist aber extrem umständlich, sie zu benutzen.
Kreise bei Google+ sind etwas ganz anderes: Mit ihnen organisiert der User seine eigenen Kontakte, teilt sie ein in Freunde, Bekannte, Familie, Kollegen und so weiter. Ein Kreis ist nichts Öffentliches; ich könnte jemanden in den Kreis „Deppen“ einordnen, und er würde nicht wissen, wie ich ihn kategorisiert habe.
Kreise dienen dazu, eigene Nachrichten nur bestimmten Leuten zugänglich zu machen. Von der Party gestern Abend sollen meine Freunde erfahren, aber nicht meine Kollegen oder mein Chef, und vielleicht auch nicht die Familie. Also ordne ich meinem Status-Update nur den Kreis „Freunde“ zu. Alle anderen können es nicht sehen. Und wenn ein Kollege auch ein Freund ist, wird er eben in beide Kreise eingeordnet.
Umgekehrt kann ich auch in meinem Stream (das, was in Facebook die Neuigkeiten sind) einen Kreis auswählen und bekomme dann nur die Nachrichten aus diesem Kreis angezeigt. Das ist besonders praktisch, wenn man seit Längerem nicht mehr reingeschaut hat – das ganze Rauschen vieler Kontakte mit all ihren Youtube-Links und „Gefällt mir“-Posts kann ausgeblendet und nur auf die Posts enger Freunde beschränkt werden. Die anderen sind erst einmal nicht so wichtig.
Anders als bei Facebook kann jeder erst einmal von sich aus anfangen, mir seine Status-Updates zu schicken, er muss nicht erst mein „Freund“ werden. Sinnvollerweise tauchen diese Nachrichten aber nicht im normalen Stream auf. Nur, wenn man auf „Nicht in Kreisen“ klickt, um die Nachrichten derjenigen anzuzeigen, die mit einem teilen, die man aber noch nicht einem Kreis zugeordnet hat, kann man sie sehen. Erst wenn man so einen Kontakt einem Kreis zugeordnet hat, tauchen seine Nachrichten auch im normalen Stream auf. Natürlich kann man Spammer auch ganz blockieren.
Wenn ich eine Nachricht poste, habe ich die Möglichkeit, entweder bestimmte Kreise oder auch einzelne Personen auszuwählen, die sie sehen können, „Meine Kreise“ zu nehmen, so dass die Nachricht für die Insassen aller meiner Kreise zugänglich ist, „Erweiterte Kreise“ um sie auch „Freunden von Freunden“ zu zeigen, oder sie ganz öffentlich zu machen – dann sieht sie jeder Besucher meines Profils, ob ich ihn kenne oder nicht, und sie kann auch von Suchmaschinen gefunden werden.
Dadurch fällt das Facebook-Problem weg, dass man entweder seine „Freunde“ auf Leute beschränken muss, mit denen man tatsächlich befreundet ist, oder sich immer überlegen muss, was man denn nun bei Facebook sagen kann und was nicht. Update: Stimmt nicht ganz, siehe Update oben.
Das ist der wichtigste Unterschied zu Facebook, der Punkt, der für „Überläufer“ zunächst einmal am schwierigsten zu verstehen sein wird – und der größte Vorteil gegenüber Facebook.

Weitere Funktionen in Kürze
Hangouts sind Video-Chaträume. Bis zu zehn Leute können so gleichzeitig miteinander mit Audio und Video konferieren. Auf Wiedersehen Skype, Du bist überflüssig geworden. Voraussetzung ist lediglich die Installation eines entsprechenden Plugins für den Browser. Natürlich kann man auch auf Video verzichten und sich nur unterhalten. Außerdem gibt es einen „YouTube-Kanal“ im Hangout, in dem sich die Teilnehmer gegenseitig YouTube-Videos vorführen können. Von Smartphones aus kann man Hangouts (noch) nicht benutzen.

Huddle gibt es nur in der mobilen Version. Es ist dafür gedacht, sich mit mehreren Personen in Echtzeit auszutauschen, etwa um einen Termin zu finden. Wohl eine Art Multi-User-Chat, auch als Ersatz für WhatsApp und Konsorten. Ich habe es noch nicht getestet.

Sparks ist das Feature, mit dem ich persönlich am wenigsten anfangen kann – es ist wohl für Leute gedacht, die sich vorm Computer langweilen und nicht wissen, was sie tun sollen, was mir eher selten passiert. :-) Man kann über Stichwörter eigene Interessen angeben und bekommt dann aktuelle News und Artikel aus dem Netz zu diesem Thema.

Im Profil kann ähnlich wie bei Facebook für jedes einzelne Element festgelegt werden, wer es sehen darf (nur ist es bei Google+ einfacher zu durchschauen und wesentlich praktischer gelöst).

Eine App für Android ist bereits verfügbar, für iPhone und iPad ist eine angekündigt (zumindest für manche andere mobile Betriebssysteme wird es in Zukunft sicher auch Apps geben). Einstweilen und mit anderen Systemen kann man die mobile Website benutzen. Die Android-App wirkt aufgeräumt und gut durchdacht und ist im Gegensatz zur Facebook-App auch richtig flott. Auf Wunsch werden alle Fotos automatisch in ein privates Picasa-Album hochgeladen und können dann in Google+ direkt freigegeben werden, ohne dass man sie umständlich suchen und hochladen müsste.

Chat gibt es in Form des schon von Google Mail her bekannten Chats Google Talk.

Freunde finden
Zur Nutzung des Dienstes ist ein Google-Konto nötig. Wer dort bereits ein gefülltes Adressbuch vorhält, hat gleich eine ganze Menge Vorschläge, welche Leute er einladen könnte. Jemanden zu finden, der schon auf Google+ ist, ist momentan natürlich noch eher unwahrscheinlich, da der Dienst erst seit Mittwoch überhaupt öffentlich existiert.
Außerdem ist es möglich, Adressbücher von Yahoo und Hotmail hochzuladen (und das wurde inzwischen auch freigeschalten).
Wer Google Chrome nutzt, kann mit Hilfe einer Erweiterung außerdem alle Facebook-Freunde importieren und diese dann einladen (Anleitung hier).
Um jemanden einzuladen, kann man in der Circles-Ansicht einfach auf ihn doppelklicken.

Weitere Unterschiede zu Facebook
  • Google gibt keine Daten an Dritte weiter.
  • Es gibt keine Apps und Spiele. (Noch?)
  • Private Nachrichten sind keine eigene Funktion an einer anderen Stelle – man sendet eben einfach eine ganz normale Nachricht, die aber nur diese eine Person sehen kann.
  • Wenn man den Stream neu lädt, ist er nicht nach Zeit des jeweiligen Originalposts sortiert, sondern nach Zeit des letzten Kommentars. So verpasst man keine Kommentare zu älteren Posts. Wenn ein Post mit langweiligen Diskussionen nervt, weil er ständig wieder vornedran steht, kann man ihn auch ignorieren (Kreuz oben rechts).
  • Die Tools zum Betrachten von Fotos sind genial und wirklich sehr viel besser als bei Facebook.
  • Ist man bei anderen Google-Tools eingeloggt, zum Beispiel bei Google Mail, sieht man automatisch einen rechts oben einen Zähler, wo neue Benachrichtigungen angezeigt werden. Man muss auch nicht umständlich zu Google+ wechseln, um deren Inhalt dann anzusehen, das geht direkt in der dann aufgehenden Box. Sehr clever gelöst.
  • Intuitiver, einfacher, schneller, schöner.

Teilnehmen
Mittlerweile ist Google+ für Jedermann freigegeben worden, es ist keine Einladung mehr nötig. Einfach auf der Google+-Seite mit einem bestehenden Google-Konto einloggen oder ein Konto anlegen, fertig. Update: Doch nicht. Es wird einem zwar jetzt angeboten, sich mit seinem Google-Konto einzuloggen (deswegen dacht ich es geht), aber ohne Invite kommt man dann nicht rein.
In den letzten beiden Tagen hatten sich trotz „invite only“ ungeheure Mengen an Leuten angemeldet, und Google ließ zeitweise keine neuen Anmeldungen mehr zu. Das ist jetzt aber offenbar vorbei.

Datenschutz
Natürlich ist Google in Sachen Datenschutz kein Lämmchen, aber eines ist klar: Google ist in meinen Augen viel, viel besser als Facebook.
Das liegt vor allem daran, dass Google die persönlichen Daten nicht an Dritte weitergibt. Es gibt keine Apps, die neben netten Spielmöglichkeiten vor allem die Aufgabe haben, ihre Nutzer (und deren Freunde) auszuforschen.
Wer weiß, ob Google in Zukunft Apps zulassen wird, um mit Facebook gleichzuziehen – zu hoffen bleibt dann jedenfalls, dass sie nicht sie gleichen Möglichkeiten bekommen, wie Facebook-Apps sie haben.
Google selbst wird dadurch also noch mehr von uns erfahren. Die Such-Historie kann bei immer eingeloggtem Google-Konto mit einer konkreten Person verbunden werden, und das auch über mehrere Computer und/oder Browser hinweg. Dazu E-Mails, und jetzt auch noch Social Network …
Da kommen richtig viele und sehr konkrete Daten zusammen. Ob man das alles einem einzelnen Anbieter anvertrauen will, muss jeder selbst wissen.
Meine persönliche Meinung ist, dass Google eines der ganz wenigen Unternehmen ist, denen ich diese Daten ohne größere Bauchschmerzen anvertrauen kann. Vor allem weiß ich (oder gehe zumindest mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass in der Privacy Policy nicht gelogen wird), dass das alles bei Google bleibt und nicht in die Hände weniger vertrauenswürdiger Dritter gelangt.
Allgemein kann man sagen: Wer bisher bei Facebook war, kann leichten Herzens zu Google+ wechseln. Wem Facebook datenschutztechnisch zu heiß war, der muss Google+ für sich selbst bewerten. Es ist sicher deutlich weniger schlimm, aber auch ganz bestimmt nicht unproblematisch.
Echte Fallstricke wie bei Facebook gibt es kaum.
Beim Ausfüllen des Profils sind einige Voreinstellung für die Sichtbarkeit der Daten meiner Meinung nach zu locker, anders als bei Facebook sind sie aber beim Eingeben direkt sichtbar (nicht hinter dem Schloss versteckt) und können sehr einfach umgestellt werden.
Besonders positiv: Die Eingabe des Geburtsdatums, das in Verbindung mit dem Namen den Identitätsdiebstahl besonders leicht macht, ist überhaupt nicht vorgesehen. Eine (theoretische) Pflicht zur Angabe des echten Namens wie bei Facebook gibt es nicht, der Name kann auch später problemlos geändert werden. Update: Stimmt nicht, gibt es doch, auch wenn Spitznamen zugelassen sind.
Wer will, kann sein Profil auch komplett aus allen Suchergebnissen ausschließen. Dann kann er aber natürlich auch nur von Freunden gefunden werden, die ihn einfach anhand seiner E-Mail-Adresse hinzufügen.
Wie bei Facebook gibt es einige Daten, die grundsätzlich als öffentlich gelten: Der Name und die Profilfotos – und, was nicht auf Anhieb ersichtlich ist, die „+1“-Daten. „+1“ ist Googles Version des Like-Buttons. Den entsprechenden „+1“-Button gibt es inzwischen auf vielen Websites. Drückt man ihn auf einer Website, gilt die Tatsache, dass man diese Website mag, ebenfalls als öffentlich. (Tut man das bei Nachrichten in Google+, die nicht öffentlich sind, ist das natürlich nur für die Leute zu sehen, die auch die Nachricht sehen können.)
An einem Punkt muss man vielleicht ein bisschen aufpassen, weil man das nicht gewohnt ist:
Wenn man eine Nachricht kommentiert (oder +1 drückt), hat dieser Kommentar genau die gleiche Sichtbarkeit wie Nachricht. War die Nachricht also öffentlich für alle Internet-User sichtbar, ist auch mein Kommentar für alle Internet-User sichtbar. Deshalb ist auch an jeder Nachricht ein Hinweis zu sehen, ob sie „Öffentlich“ oder „Eingeschränkt“ verfügbar ist. Ein Klick auf „Eingeschränkt“ zeigt die Liste aller User, die die Nachricht sehen können. Bevor man etwas potentiell Peinliches kommentiert, sollte man sich also besser diese Liste ansehen. (Bei Facebook ist das mit der Sichtbarkeit von Kommentaren natürlich nicht anders, nur habe ich dort keine Möglichkeit zu sehen, wie öffentlich die Nachricht ist, auf die ich antworte.)

Fazit
Um es kurz zu machen: Ich bin begeistert!
Da hat Google wirklich einen großen Wurf hingelegt. Viele der Konzepte sind aus anderen Systemen bekannt, besonders viele davon aus Diaspora, aber es ist das erste Angebot, das ich kennengelernt habe, bei dem ich wirklich das Gefühl habe, dass es Facebook User abjagen kann.
Und ich hoffe sehr, dass es das tun wird.
Ein erstes Angebot an meine Facebook-„Freunde“, ihnen eine Einladung zu Google+ zukommen zu lassen, hat leider kaum Reaktionen hervorgerufen – vielleicht (hoffentlich) deshalb, weil ich auch dazugeschrieben habe, dass sich Google+ noch in der Testphase befindet und meine Kontakte fast alle sehr wenig mit Computern am Hut haben.
Tatsächlich ist Google+ aber ein bereits ein fertiges, vollwertiges Produkt.
Ich wünsche mir, dass das möglichst viele Facebook-Nutzer speziell aus meinem Freundeskreis auch tun. Ich möchte Facebook hinter mir lassen, aber richtig schön wird das nur, wenn möglichst viele Leute mitkommen.