Donnerstag, 13. Oktober 2011

Elektroautos und ihre Batterien

Man liest es immer wieder: Die Akkus sind die Achillesferse aller aktuellen Elektroautos.
Sie sind schwer, nehmen Platz weg, und vor allem: Sie sind sehr, sehr teuer. Bei vielen Elektroautos ist die Batterie für mindestens ein Drittel des Kaufpreises verantwortlich, teils ist es sogar die Hälfte.
In diesem Artikel soll es um verschiedene Batterietechnologien und ihre Vor- und Nachteile gehen, außerdem um Finanzierungskonzepte, die die Autohersteller ersonnen haben.

Grundwissen
Hier zunächst einige wichtige Fachbegriffe und Grundlagen rund um das Thema Akkumulatoren:
Die Energiedichte beschreibt, wie viel Kapazität pro Masse in einem Akku untergebracht werden kann. Sie gibt also einen Vergleichwert an, der besagt, wie schwer Akkus bei gleicher Kapazität sind.
Unter Leistungsdichte versteht man die Energie, die pro kg Batteriegewicht gleichzeitig abgerufen werden kann. Starke Elektromotoren benötigen beim Beschleunigen recht viel Energie auf einmal, was bei älteren Akkutypen dazu führt, dass mehr Akkus eingebaut werden müssen, um sie beim Beschleunigen nicht zu überlasten.
Zu beachten ist, dass manche Batterietypen bei starker Beanspruchung unerwünscht reagieren: Der Innenwiderstand des Akkus erhöht sich. Dadurch wird die Batterie noch heißer, als sie bei der hohen Leistungsabgabe ohnehin schon würde, und der Energieverlust erhöht sich, d. h. die Batterie kann weniger von ihrer eigentlichen Kapazität an den Motor abgeben, die Reichweite verringert sich.
Ladezyklen sind die Anzahl der kompletten Ladungen (von komplett leer auf ganz voll), die bei einem Akku durchgeführt werden können, bis seine Kapazität auf einen bestimmten Wert abgesunken ist. Sie beschreiben also (zum Teil) die zu erwartende Lebensdauer des Akkus.
Leider ist der Bezugswert nicht immer einheitlich; teils wird von 75% der ursprünglichen Kapazität ausgegangen, teils von 80%. Der 80%-Wert scheint weiter verbreitet zu sein; häufig fehlt aber jegliche Angabe, auf was sich die Ladezyklen eigentlich beziehen.
Dabei ist zu beachten, dass ein Ladezyklus eine komplette Ladung beschreibt. Wird die Batterie also an einem Tag zur Hälfte leergefahren, dann wieder aufgeladen, und am nächsten Tag wieder, dann entspricht das insgesamt einem Ladezyklus, nicht zweien. Es geht nicht um die Frage „Wie oft kann ich den Akku ans Ladegerät hängen?“, sondern um die Frage „Wie oft kann der Akku komplett geladen werden?“
Da heutige Batteriekonzepte nicht mehr mit dem Memory-Effekt zu kämpfen haben, ist es auch kein Problem, die Batterien immer wieder nur zum Teil aufzuladen.
Hier eine Beispielrechnung dazu, was Ladezyklen in der Praxis bedeuten (ohne Berücksichtigung der zyklenunabhängigen Alterung, siehe weiter unten):
Angenommen, mein Elektroauto hat mit der eingebauten Batterie eine (tatsächliche) Reichweite von etwa 80 km. Ich fahre täglich damit zur Arbeit, hin und zurück insgesamt 40 km. Wenn ich nicht arbeite, nutze ich das Auto nur wenig. Die Batterie soll laut Herstellerangabe 1000 Ladezyklen überstehen, bevor sie unter eine Kapazität von 80% fällt.
Das bedeutet: Pro Arbeitstag fällt etwa ein halber Ladezyklus an. Bei einer Fünf-Tage-Woche, 30 Tagen Urlaub im Jahr, Feiertage weggerechnet, bleiben etwa 220-225 Tage, an denen tatsächlich gearbeitet wird – und da sind Krankheitstage noch nicht mitgerechnet. Runden wir das trotzdem auf 240 auf, um die (geringe) Nutzung an Nicht-Arbeitstagen mit einzubeziehen.
Damit ergeben sich 120 Ladezyklen im Jahr, die theoretische Lebensdauer der Batterie würde also bei über acht Jahren (mehr als 70.000 km) liegen. Um auf der sicheren Seite zu sein (auch weil die Reichweite im Winter mit Heizung sicher geringer ist und am Tag mehr als ein halber Ladezyklus anfällt), reduzieren wir unsere Erwartung auf fünf Jahre. Das entspricht bei dieser Rechnung dann 48.000 km.
Kaputt ist die Batterie dann aber keineswegs, die Kapazität hat sich lediglich auf 80% reduziert. Sofern mir die reduzierte Reichweite genügt (auch im Winter mit Heizung), kann ich noch eine ganze Weile mit der gleichen Batterie weiterfahren.
Zu beachten ist dabei aber weiterhin, dass Batterien auch ohne Nutzung altern und mit der Zeit an Kapazität verlieren. Momentan kann man wohl davon ausgehen, dass mit mindestens 3-5 Jahren Nutzungsdauer gerechnet werden kann.
Bei diversen Batterietypen ist es wichtig, dass sie niemals tiefentladen und/oder überladen werden, da sie sonst kaputtgehen oder im Extremfall sogar explodieren/verbrennen würden. Entsprechend verfügen Elektroautos normalerweise über eine Lade-/Entladeelektronik, die den Ladezustand ständig überwacht und unerwünschte Situationen vermeidet.

Blei-Akkus
Prinzipiell entspricht dieser Batterietyp der Starterbatterie eines Autos, auch wenn es hier sehr unterschiedliche Ausführungen auf dem Markt gibt.
Starterbatterien selbst sind als Antriebsbatterien nicht geeignet, da sie meist nur bis zu 50 Ladezyklen überstehen, bis die Kapazität unter 75% abgesunken ist.
Verschiedene Hersteller bieten daher sogenannte Traktionsbatterien an, die länger halten. Trotzdem werden selten mehr als 500 Ladezyklen geboten, teils ist schon nach 300 Ladezyklen Schluss.
Blei-Akkus finden sich vor allem in sehr günstigen Elektroautos kleiner Hersteller.
Sie haben einige gravierende Nachteile, speziell ihre vergleichsweise niedrige Energiedichte von etwa 30 Wh/kg: Sie sind also sehr schwer.
Außerdem bedeutet die geringe Anzahl der Ladezyklen, dass die Batterien recht schnell ausgetauscht werden müssen.
Zum Verhalten bei niedrigen Temperaturen habe ich wenig gefunden. Grundsätzlich lassen sich Bleiakkus wohl zwischen -10 °C und 60 °C betreiben, allerdings scheint die Kapazität bei niedrigen Temperaturen auch abzusinken.
Im Gegensatz zu Lithium-Akkus werden Blei-Akkus schon heute fast vollständig recycelt (für Lithium-Akkus ist das bislang nur geplant).
Aber immerhin: Sie sind wesentlich günstiger als ihre Pendants mit Lithium, der Einstiegspreis in die Elektromobilität kann dadurch wesentlich geringer gehalten werden. Durch ihre negativen Auswirkungen auf das Gewicht (und somit auf den Verbrauch) und die geringe Lebensdauer sind sie in der Gesamtbetrachtung aber nicht wirklich günstiger.

Lithium-Ionen-Akkus
Lithium-Ionen-Akkus gibt es in verschiedenen Formen, die Zum Teil deutlich unterschiedliche Eigenschaften aufweisen. Leider sind die Angaben zu neuen Elektroautos an dieser Stelle oft nicht sehr aussagekräftig, wie überhaupt die Batterie als eines der eigentlich wichtigsten Elemente des Elektroautos kaum erwähnt und näher beschrieben wird.
Allgemein bestechen Lithium-Ionen-Akkus mit einer sehr hohen Energiedichte, die je nach Bauform bei etwa  95-190 Wh/kg liegt (die höchsten Energiedichten sind bei Lithium-Polymer-Akkus zu finden) – mithin sind sie mindestens dreimal so leicht wie Blei-Akkus, meist noch deutlich leichter. Auch in der Leistungsdichte liegen Lithium-Ionen-Akkus mit 300-1500 W/kg besser als Blei-Akkus.
Lithium-Ionen-Akkus können ein Sicherheitsrisiko darstellen: Überladung und zu starke Beanspruchung des Akkus können zu Überhitzung und im Extremfall zum Brand des Akkus führen. Das wird im Normalbetrieb durch die Elektronik verhindert.
Durch mechanische Beschädigungen an den Batterien bei einem Unfall kann es aber etwa zu einem Kurzschluss innerhalb der Batterie kommen, die dann überhitzen und Feuer fangen kann. Lithium-Brände können nicht mit Wasser gelöscht werden, werden von Wasser sogar angefacht!
Es gibt Neuentwicklungen, die dieses Verhalten durch verschiedenen Maßnahmen verhindern können. Da sich die Hersteller über Machart und Herkunft Ihrer Akkumulatoren aber meist ausschweigen, ist ohne dedizierte Nachfrage kaum festzustellen, inwiefern die Batterien über solche Techniken verfügen oder nicht.
Bei klassischen Lithium-Ionen-Akkus sinkt die abgebbare Leistung mit der Temperatur teils drastisch. Als Betriebstemperaturen sind oft Werte von 0-40 °C angegeben. Optimal sind etwa 18-25 °C.
Lithium-Ionen-Akkus sind deshalb in Elektroautos zuweilen mit Heizung und/oder Kühlung versehen, um bei jedem Wetter und jeder Belastung sicheren und möglichst optimalen Betrieb gewährleisten zu können.
Mit speziellen Elektrolyten ist aber auch der Betrieb bei weit niedrigeren Temperaturen möglich.
Grundsätzlich wäre bei klassischen Lithiumbatterien (Lithium-Cobalt) mit etwa 500 Ladezyklen zu rechnen, bis nur noch 80% der ursprünglichen Kapazität zur Verfügung stehen. Das gilt aber nur, wenn man die Entladeströme auf 0,2 C beschränkt, was im Elektroauto nicht realistisch ist. Indem von der Elektronik aber nicht die volle Kapazität genutzt wird, sondern zum Beispiel nur bis zu einem Stand von 30% der Kapazität entladen und bis 80% der Kapazität geladen wird, lässt sich die Anzahl der Ladezyklen stark erhöhen.
Lithium-Polymer-Akkus zeichnen sich vor allem durch eine nochmals höhere Energiedichte aus. Typische Werte liegen heute jenseits der 140 Wh/kg.
Lithium-Eisen-Phosphat-Akkus sind für den Einsatz im Elektroauto beinahe ideal: Sie sind deutlich temperaturstabiler und sind herstellerseitig z.B. mit Betriebstemperaturen von -20 - +45 °C (mia) angegeben und somit wintertauglich. Einziger Nachteil: Ihre Energiedichte reicht mit 100-120 Wh/kg nicht an das heran, was mit anderen Lithium-Akkus möglich ist, ist aber natürlich trotzdem im sehr guten Bereich anzusiedeln.
Sie können sehr höhe Ströme liefern (viel höher als für den normalen Betrieb eines Elektroautos notwendig) und auch mit sehr hohen Strömen geladen werden – theoretisch wäre eine komplette Ladung in 15 Minuten problemlos möglich.
So hohe Beanspruchung wirkt sich aber natürlich auch nachteilig auf die Lebensdauer des Akkus aus. Würde er nur mit 1 C entladen und geladen, wäre selbst nach 4000 Ladezyklen kaum eine Änderung der Kapazität zu erwarten, selbst bei vollständiger Entladung (die einen klassischen Lithium-Ionen-Akku schnell zerstören würde) mit 10 C ist noch mit 1000 Zyklen zu rechnen (Quelle: Wikipedia).
Die Praxis liegt dazwischen: Nehmen wir das Beispiel der mia von mia electric, die (ja, die) nächstes Jahr auf den Markt kommen soll: Sie verfügt (in der Basisversion) über eine Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie mit einer Kapazität von 8 kWh. Eine volle Ladung soll 3,5 h dauern, geladen wird also nur mit 1/3,5 C = knapp 0,29 C. Der Motor hat eine Leistung von 18 kW (laut Presse, in der Bedienungsanleitung werden 10 kW angegeben, was ich angesichts der Fahrleistungen aber für unwahrscheinlich halte). Bei Beschleunigen werden dem Akku also mehr als 2 C abverlangt – nicht 1 C also, aber auch weit entfernt von 10 C.
Vermutlich wird man an diesen Batterien mindestens 3000 Ladezyklen lang seine Freude haben. In der Praxis wird das von der konkreten Beanspruchung abhängig sein, und auch die Ladezyklen-unabhängige Alterung der Batterie spielt dann natürlich mit hinein.

Zukunftsmusik
Natürlich ist die Batterie-Entwicklung noch lange nicht an ihrem Ende angelangt. Lithium-Luft-Akkumulatoren etwa versprechen extreme Energiedichten (ein mehrfaches der aktuell besten Lithium-Akkus!), sind aber momentan noch nicht serienreif.
Ich vermute, dass auch manch großer Autohersteller in seinen Entwicklungslaboren sein eigenes Süppchen kocht – schon heute lässt die allgemeine Bezeichnung „Lithium-Ionen-Akku“ nur vermuten, was genau in den Fahrzeugen verbaut ist.
In den nächsten Jahren ist mit Sicherheit mit einer weiteren Verbesserung der Energiedichte, vor allem aber auch mit einer deutlichen Verringerung der Preise zu rechnen.

Finanzierung
Wie schon angemerkt ist die Batterie meist das mit Abstand teuerste Einzelteil in einem Elektroauto. Einige Autohersteller – zum Beispiel Renault und Mercedes – wollen daher ihre Autos ohne Batterie verkaufen. Der Anschaffungspreis des Elektroautos selbst wird dadurch wesentlich attraktiver. Die Batterien müssen dann gemietet/geleast werden. Renault gibt, je nach Größe der Batterie, momentan Preise zwischen € 50,– und € 82,– monatlich an – allerdings bei lediglich 10.000 km/Jahr, was für mich beispielsweise zu wenig wäre. Dafür hat man garantiert immer eine Batterie mit mindestens 75% der ursprünglichen Kapazität im Auto.
Größere Kilometerpakete werden natürlich auch erhältlich sein, Renault gibt dazu momentan auf der Website aber keine Preise an.
Für mich wäre das ein sehr interessantes Angebot. Es reduziert den Anschaffungspreis und gibt beim Unsicherheitsfaktor Akku Sicherheit. Bei Vergleichsrechnungen mit Verbrennern kann man diesen Wert gewissermaßen als „Verbrauch“ mit ansetzen, ohne zu sehr ins Blaue spekulieren zu müssen. (Wichtig dann natürlich, die Inspektionen und Verschleißteile beim Verbrenner ebenso mitzurechnen, was nicht ganz einfach ist. Darauf werde ich in einem späteren Post noch kommen.)

Fazit
Die Batterien sind nicht nur eine der größten Schwierigkeiten bei der Entwicklung von Elektrofahrzeugen und ein großer Preisfaktor – für mich stellen sie auch das größte Fragezeichen beim Kauf eines Elektroautos dar.
Unverständlicherweise geben die meisten Hersteller kaum Daten zu ihren Batterien an und lassen den Kunden so im Ungewissen, zumindest die Hersteller von den interessanten Fahrzeugen, die erst nächstes Jahr erscheinen sollen.
Teils fehlen sämtliche Angaben, oder es ist nicht einmal eine Kapazität angegeben. Die Anzahl der Ladezyklen gibt praktisch niemand an.
Ich verstehe schon, dass das natürlich auch für die Hersteller problematisch ist. Schließlich gibt es noch keine richtigen Vergleichswerte aus dem massenhaften Einsatz solcher Fahrzeuge, und wie soll man die Lebensdauer sinnvoll angeben, wenn sowohl viele Ladungen als auch schlichtes Alter eine Rolle spielen?
mia electrics zum Beispiel gibt drei Jahre oder 50.000 km Garantie auf die Batterie, sagt aber nirgends, was „Garantie“ eigentlich heißt: Ersatz nur, wenn gar nichts mehr geht oder auch wenn die Kapazität unter 80% sinkt?
Und überhaupt, was sind schon drei Jahre? Ich hätte schon gerne die Sicherheit, dass ich innerhalb der nächsten fünf Jahre nach Kauf eines Neuwagens nicht plötzlich über € 5.000,– investieren muss, um weiterhin die 40 km zur Arbeit bewältigen zu können – auch im Winter mit zwei Mitfahrern.
Und selbstverständlich bleibt bei mia (wie auch bei den meisten anderen) völlig unklar, was der Ersatz der Batterie überhaupt kosten würde.
Das gefällt mir gar nicht – wahrscheinlich deutlich mehr als ein Viertel des Wagenwertes ist ein Verschleißteil, und keiner sagt mir, wie lange es halten wird.
Deshalb finde ich die Miet-/Leasingmodelle so attraktiv. Natürlich müsste man sich die Konditionen sehr genau durchlesen, um herauszufinden, ob man damit nicht noch mehr über den Tisch gezogen wird – zum Beispiel bei vorzeitiger Kündigung wegen Fahrzeugverkaufs oder bei den Bedingungen zum tatsächlichen Austausch der Batterie.
Wenn die Konditionen in Ordnung sind, wäre das aber ein Modell, mit dem ich mich sehr gut anfreunden könnte.

Mittwoch, 12. Oktober 2011

Ist ein Elektroauto wirklich umweltfreundlich?

In letzter Zeit habe ich begonnen, mich intensiver mit dem Thema Elektromobilität zu beschäftigen. Grund: Ich hätte gern selbst ein Elektroauto. Sofern es einige grundsätzliche Voraussetzungen erfüllt. Und das ist gar nicht so einfach.
Als ersten Post zum Thema (es wird davon in naher Zukunft vermutlich weitere geben) hier ein Überblick zu einer der wichtigsten Fragen:

Ist ein Elektroauto überhaupt umweltfreundlich?
Das ist die große Frage, die sich mir als erstes stellte: Schließlich kommt der Strom zum Teil aus konventionellen Kraftwerken, die ja auch CO2 und andere Schadstoffe ausstoßen. All die folgenden Zahlen beziehen sich natürlich auf das konventionelle Strom-Mix. Mit Ökostrom liegt man immer weit besser als jeder Verbrenner oder Vollhybrid (siehe auch Fazit unten).
Hier gibt es eine aussagekräftige Übersicht zum Kohlendioxid-Ausstoß von Elektrofahrzeugen. Die Behauptung, dass heute erhältliche Elektroautos (die nicht gerade Sportwagen sind) zwischen 10 und 20 kWh auf 100km verbrauchen, ist korrekt, meist liegen sie sogar unter 15 kWh/100 km – zumindest bei den Klein- und Kleinstwagen, für die ich mich interessiere. Gerade bei den neuesten Modellen sind häufig sogar Verbräuche von unter 9 kWh/100 km nach NEFZ angegeben. Bei den meisten (wenn auch nicht allen) Herstellern hat es sich eingebürgert, den Verbrauch „ab Steckdose“ anzugeben, so dass Verluste durch die Akkus bereits inbegriffen sind.
Insofern kann man folgern, dass aktuelle Elektroautos im Strom-Mix in Sachen Kohlendioxid günstiger liegen als ein Toyota Prius.
Etwas vorsichtig muss man die Zahlen aber schon betrachten, denn sie beziehen sich auf das Jahr 2007. Damals gab es einerseits keinen Atomausstieg, andererseits aber auch einen wesentlich geringeren Anteil der erneuerbaren Energien am Strom-Mix. Tatsächlich hat sich der Kohlendioxid-Ausstoß im deutschen Strom-Mix von 605 g pro Kilowattstunde 2007 auf 563 g (erste Schätzung für 2010) reduziert (Quelle), der korrekte Wert läge also ein kleines Stückchen links vom hellblauen Balken, der für den Strom-Mix steht. Angesichts des Atomausstiegs wird der Wert aber vmtl. in den nächsten Jahren zunächst wieder ansteigen.
Außerdem hat der aktuelle Prius einen Kohlendioxidausstoß von unter 100 g, so dass reine Elektroautos mit einem Stromverbrauch von 20 kWh/100 km im Strom-Mix sogar schlechter abschneiden als dieses Hybridfahrzeug.
Meinen Diesel-Smart habe ich damals mit durchschnittlich 3,8 l/100 km gefahren, was knapp 100 g CO2/km entspricht, meinen Diesel-Polo mit 4,34 l/100 km, also etwa 114 g/km. Zumindest der Wert des Smart wird nicht von jedem Elektromobil unterboten, das sollte man bedenken.
Beim ADAC gibt es einen Vergleich zwischen E-Smart, Benziner und Diesel. Die Elektroversion schneidet im tatsächlichen Strom-Mix am besten ab, mit Steinkohle alleine wäre sogar der Benziner umweltfreundlicher (wenn man ausschließlich das Kohlendioxid betrachtet). Zu beachten: Der ADAC hat den durchschnittlichen Ausstoß pro kWh im Strom-Mix extrem hoch angesetzt (590 g/kWh), der E-Smart schneidet mit korrekten Werten eigentlich besser ab (68 g/km). Vmtl. wird der Wert von 12 kWh/100 km nach NEFZ ebenso unrealistisch sein wie die 3,3 l/100 km, von denen als Dieselverbrauch ausgegangen wird. Immerhin wurden aber beide nach der gleichen Methode erhoben.

Kritiker rechnen aber ganz anders: Sie gehen davon aus, dass Elektroautos zu zusätzlicher Stromnachfrage führen werden, die es unmöglich mache, die Dreckschleudern unter den Kraftwerken abzuschalten.
Insofern müsse für Elektroautos die schmutzigste Variante angenommen werden, weil eben die schmutzigsten Kraftwerke sonst früher abgeschaltet werden könnten – also Stromerzeugung mittels Braunkohle als Vergleichswert.
Ich halte diese Argumentation nicht für realistisch. Die Erfahrung zeigt, dass Kraftwerke mitnichten abgeschaltet werden, wenn Deutschland den Strom nicht benötigt – schließlich hat Deutschland immer Strom in großen Mengen exportiert. Das passiert nur, wenn sie unrentabel werden oder nicht mehr den gesetzlichen Emissionsvorschriften entsprechen und eine Umrüstung zu teuer käme (was wiederum nichts anderes als „unrentabel“ bedeutet).
Theoretisch könnte die Politik versucht sein, die Vorschriften wegen hoher Stromnachfrage weniger schnell zu verschärfen. Ich bezweifle aber, dass das so viel ausmacht, dass ein Ansetzen von Elektroautos mit Braunkohlewerten gerechtfertigt ist.
An einem anderen Punkt werden aber ein Stück weit Äpfel mit Birnen verglichen: Die Leistung aktueller Verbrennungsmotoren ist weit höher als die der Elektromotoren, mit denen sie hier verglichen werden. Häufig sind aktuelle (kleine) E-Autos mit einer Motorleistung von weniger als 20 kW (27,2 PS) ausgestattet, während Verbrennungsmotoren kaum noch unter 50 kW (68 PS) zu haben sind.
Andererseits sind auch die Fahrleistungen von Elektromotoren von ganz anderem Kaliber, speziell das Drehmoment ist sehr hoch und steht quasi ab 0 U/min zur Verfügung. Um eine gute Beschleunigung zu erreichen genügt beim Elektromotor also eine deutlich geringere Leistung. Trotzdem ist die Endgeschwindigkeit des Fahrzeugs mit dem stärkeren Verbrenner natürlich höher.
Natürlich muss man aber auch sagen, dass, ähnlich wie beim Verbrennungsmotor, höhere Leistung nicht direkt mit höherem Verbrauch gleichzusetzen ist. Bei konstant 50 km/h wird sich der Verbrauch eines 70-kW-Elektromotors kaum von dem eines Motors mit 18 kW unterscheiden.
Der hauptsächliche Unterschied liegt in der Verführung zu schnellerer Gangart und häufiger Nutzung der Bremse, statt die Motorbremse zu nutzen, die mittels Rekuperation wieder Strom in die Batterie zurückspeisen würde. Und natürlich in höheren Anforderungen an die Batterien, die größere Ströme liefern müssen und ggfs. stärker gekühlt werden müssen und/oder mehr Gewicht mitbringen.
So ist auch 56-kW-Motor des Opel Ampera mit einem Verbrauch von lediglich 12,2-14,08 kWh/100 km angegeben. (Er soll mit den 11 kWh Kapazität seiner Batterie ohne Nutzung des Range Extenders „bis zu“ 90 km weit kommen, was 12,2 kWh/100 km entsprechen würde; andererseits ist „für die ersten 100 km“ ein Verbrauch von 1,6 l/100 km als Benzinäquivalent angegeben, was 14,08 kWh/100 km entsprechen würde.)

Fraglich ist weiterhin, wie die Umweltbilanz der Elektroauto-Produktion aussieht, speziell natürlich bei den Akkus. Dazu habe ich nirgends wirklich belastbare Aussagen finden können.
Die Metallgewinnung für die verschiedenen Zelltypen ist sicher nicht unproblematisch, auch wenn Lithium-Batterien im Gegensatz zu den älteren nickel- und teilweise gar cadmiumhaltigen Vertretern nur relativ wenig giftige Inhaltsstoffe mitbringen.
Der gesamte Aufbau des Antriebsstrangs eines Elektroautos ist wesentlich unkomplizierter als beim Verbrenner, was die Produktion deutlich verschlankt und zu wesentlich geringerem Wartungsaufwand (inkl. Sondermüll z. B. durch Wegfall des Motoröls etc.) führt.
Schlicht ins Blaue vermutet ist meine Arbeitshypothese, dass sich im Gesamtbild keine großen Unterschiede in der Umweltbilanz der Fahrzeugproduktion und -wartung ergeben. Wenn jemand Fakten dazu hat, nehme ich sie gerne.
Interessant wäre außerdem, wie es bei anderen Umweltgiften aussieht – CO2 ist schließlich nicht alles.
Meine (ebenfalls nicht durch Fakten untermauerte) Vermutung ist, dass das Elektroauto im deutschen Strom-Mix hier besser abschneidet als klassische Fahrzeuge. Das gilt sicher nicht, wenn man den Autostrom ausschließlich aus Braunkohlekraftwerken bezieht, aber ganz bestimmt für Erdgaskraftwerke und möglicherweise für moderne Steinkohlekraftwerke. Was Atomkraftwerke betrifft, könnte man natürlich argumentieren, dass der übrig bleibende Müll schlimmer ist als alles, was fossile Energieerzeugung hervorbringen kann. Das hängt dann von der persönlichen Bewertung ab.

Fazit
Insgesamt kann man davon ausgehen, dass ein Elektroauto vom Umweltaspekt her Vorteile gegenüber einem Verbrennungsmotor hat. Der Unterschied ist aber nicht so groß, wie man aus dem Bauch heraus vermuten würde.
Gerade vollhybride Antriebskonzepte stoßen schon heute in ähnliche Regionen der Effizienz vor, wenn auch ein gewisser Abstand durchaus noch zu verzeichnen ist. Allerdings haben wir oben auch eine Familien-Limousine (Prius) mit Kleinstwagen verglichen. Ein kleiner, relativ leichter Diesel-Vollhybrid könnte durchaus in der Lage sein, Elektroautos im deutschen Strom-Mix den Rang abzulaufen. Vmtl. wäre das aber noch teurer als aktuelle Elektroautos.
Allerdings bleibt dem E-Auto-Nutzer natürlich immer die Option, Ökostrom zu beziehen. Der ist zwar auch nicht ohne Kohlendioxid-Ausstoß zu erzeugen, die Werte liegen aber um den Faktor 10 bis 20 unter denen des aktuellen Strom-Mixes (Quelle) und damit jenseits von allem, was mit Verbrennungsmotoren zu erreichen ist.

Mittwoch, 13. Juli 2011

Google+: Ordnung in die Kreise bringen

Nachdem mein Google+-Stream langsam unübersichtlich geworden ist, habe ich mir eine Ordnung für die Kreise überlegt, die Sinn macht und gut zu benutzen ist.

Grundlagen:
  1. Unterschiedliche Kreise zur allgemeinen Gruppierung, zum Lesen des Streams und zum Posten
  2. Buchstaben am Beginn der Kreisnamen zur Sortierung
    Update: Mittlerweile ist es glücklicherweise möglich, die Kreise manuell umzusortieren. Für die Android-App macht es aber immer noch Sinn, die Buchstaben zu haben, weil dort weiterhin alphabetisch sortiert wird. (Wie das am iPhone aussieht, weiß ich nicht.)
  3. Eigene Methode zum Umgang mit unbekannten Leuten, die mit einem teilen.

Lesekreise
Mein Stream ist zu groß geworden, es passiert zu schnell zu viel. Weniger, weil alle paar Sekunden ein neuer Post reinkäme, oder so (so schlimm ist es noch nicht), aber weil es einfach zu viel Zeit verschlingt, sich um alles zu kümmern, was via Google+ so reinkommt.
Also muss eine Priorisierung her – Circles, die ausdrücken, wie wichtig es mir ist, dass ich die Beiträge der betreffenden Person wirklich mitbekomme.
Dazu gibt es jetzt „A – Freunde“, „B – Familie“ (leider noch kaum gefüllt), „C – Bekannte“, „D – Kollegen“, „E – Rest“, „Y – Wenn Zeit ist“ und „Z – Berufliche Kontakte“ (derzeit leer und deshalb am Schluss). Dazu noch „X – Neu“, da komme ich später noch drauf.
A-D dürften klar sein. „Rest“ sind Leute, die ich nicht näher kenne, denen ich aber folge. Daraus ausgemustert habe ich außerdem Leute, die sehr viel posten (auch wenn es interessant sein mag). Ein Blick auf den „Rest“ soll jederzeit mal zwischendurch möglich sein, ohne dass ich gleich wieder eine halbe Stunde am Rumlesen bin.
Diese Leute sind in „Y – Wenn Zeit ist“ gelandet. Diesen Kreis lese ich nur, wenn ich gerade wirklich Zeit dazu habe. Wenn ich da mal ein paar Posts nicht mitbekomme, ist das nicht so schlimm.
Die Buchstaben vornedran dienen nur der Sortierung in der Android-App. Da die Kreise dort immer alphabetisch sortiert erscheinen, kann ich beim Lesen neuer Nachrichten einen Lesekreis nach dem anderen Durchklicken.
Wichtig für Lesekreise: Jeder Kontakt darf nur exakt einem Lesekreis angehören, sonst sieht man Posts doppelt.

Schreibekreise
Natürlich können auch direkt die Lesekreise als Adressaten von Posts dienen, speziell bei Freunden, Familie und Bekannten ist das auch sinnvoll.
Zusätzlich macht es aber Sinn, weitere Kreise zu definieren, um schnell und einfach Posts an bestimmte Gruppen adressieren zu können. Bei mir gibt es dafür „ZD – Deutsch ohne“, „ZE – Englisch ohne“ und „ZF – Franken“.
Die Buchstaben dienen wiederum dazu, dass die Kreise am Schluss der Liste erscheinen. Außerdem kann ich beim Zuweisen der Kreise für einen Post schnell „zd“ tippen und bekomme gleich den passenden Kreis als Vorschlag. („ze“ überschneidet sich leider mit „Zeit“ aus „Y – Wenn Zeit ist“, da besteht noch Optimierungspotential. :-) )
„Ohne“ soll jeweils heißen, dass beispielsweise nicht alle deutschsprachigen Kontakte enthalten sind – es gibt ein paar wenige Leute, mit denen ich auch Posts nicht unbedingt teilen will, die ich ansonsten mehr oder minder öffentlich verteile.
Ansonsten ist diese Trennung vor allem dazu da, englischsprachige Kontakte nicht mit deutschen Posts zu nerven.
„ZF – Franken“ ist für Meldungen mit regionalem/lokalem Charakter. :-) Außerdem gleichzeitig ein Gruppierungskreis, siehe unten.
Natürlich kann man sich noch viel feiner unterscheidende Schreibekreise anlegen. Wenn es zu viele werden, kann aber schnell der Überblick verloren gehen, und statt besseren Überblicks ergibt sich dann eher noch mehr Verwirrung.

Gruppierungskreise
Einfach für die persönliche Referenz und Gruppierung habe ich noch einige Kreise, die beschreiben, woher ich Leute kenne („ZZ – +linux.de“, „ZZ – Diaspora“), wo sie wohnen („ZF – Franken“) etc.
Alle, die einem Gruppierungskreis angehören, müssen notwendigerweise auch noch anderen Kreisen angehören, sonst teile ich nur öffentliche Posts mit ihnen.
Zusätzlich gibt es noch einen Kreis „ZZ – Noch nicht da“. Dort befinden sich alle Leute, die ich eingeladen habe, die sich aber noch nicht bei Google+ angemeldet haben. Diese Leute stecken wirklich nur in diesem Kreis. Von Zeit zu Zeit sehe ich nach, ob beim einen oder anderen das Briefumschlags-Symbol verschwunden ist und sortiere sie ggfs. in die passenden Kreise ein. Update: Seit Google einen benachrichtigt, wenn ein Eingeladener Google+ beigetreten ist, ist das nicht mehr notwendig.

Umgang mit Unbekannten, die mit mir teilen
Größeres Update: Mittlerweile gibt es eine „Ignorieren“-Funktion in Google+, die ich zunächst für die Lösung des Problems hielt. Ist sie aber nicht. Ich habe den jetzt folgenden Text entsprechend überarbeitet.

Grundsätzlich könnte man dafür die Funktionen benutzen, die Google+ mitbringt: Posts von Leuten außerhalb meiner Kreise erscheinen ohnehin nicht im Stream, sondern nur unter „Nicht in Kreisen“. Diese Posts könnte man sich dann und wann ansehen und die Leute dann entweder in Kreise einsortieren oder ignorieren.
Das Problem: Im „Nicht in Kreisen“-Stream erscheinen nur die Posts, die nicht öffentlich sind, nur die also, die der Autor an bestimmte Kreise bzw. Alle/Erweiterte Kreise adressiert hat.
Da viele Google+-User in erster Linie öffentlich posten, eignet sich der „Nicht in Kreisen“-Stream nicht zur Beurteilung, ob man sie in Kreise stecken möchte oder nicht.
Außerdem sieht man dort auch Posts von Leuten, die einen gar nicht hinzugefügt haben, aber an ihre Erweiterten Kreise gepostet haben.
Es gibt zwei Möglichkeiten, damit umzugehen:

Möglichkeit 1: Wenn man Google+ in erster Linie als Medium versteht, um sich möglichst vielen Leuten mitzuteilen, weniger, um interessante Leute zu finden, sind Googles eingebaute Funktionen ausreichend. Wenn einen jemand einkreist, schaut man vielleicht kurz auf sein Profil, entscheidet, ob er/sie interessant ist und nimmt sie/ihn in die eigenen Kreise auf oder nicht. Damit wird man manch einen interessanten Menschen verpassen, der vielleicht gerade neu bei Google+ ist, noch nichts gepostet hat und/oder sein Profil noch nicht ausgefüllt hat. Ein regelmäßiger Blick in den „Nicht in Kreisen“-Stream nützt nur dann, wenn derjenige meist nicht öffentlich postet. Diese Methode kann natürlich auch sinnvoll sein, wenn man „berühmt“ ist und viele Follower hat, täglich neue dazubekommt. Dann ist Möglichkeit 2 zu zeitaufwendig.

Möglichkeit 2 (die, die ich nutze): Man nimmt jedesmal, wenn einen ein Unbekannter eingekreist hat, diesen in einen „Kreis der Neuen“ auf, bei mir „X – Neu“. Die Nachrichten in diesem Kreis sieht man sich dann und wann an und entscheidet dann, ob man diese Leute jeweils in die regulären Kreise aufnimmt oder aus dem Kreis der Neuen wieder rausschmeißt. Diese Möglichkeit bietet den Vorteil, dass man alle Nachrichten des anderen mitbekommt, öffentlich oder nicht öffentlich, und vor allem, dass man sich auch von Neumitgliedern über längere Zeit ein Bild machen kann, bevor man über die Einkreisung entscheidet.

Was fehlt
Unpraktisch ist vor allem, dass die Android-App derzeit keine Möglichkeit bietet, den Stream nach Circles zu filtern. Somit sehe ich dort immer alles, auch meine ignorierten Kontakte. Ich denke aber, dass dieses Feature bald kommen wird. Update: Falsch, geht doch: Man muss auf Circles klicken, dort einen auswählen und dort unten „Posts“ auswählen. Etwas umständlich, aber funktioniert. Danke für den Hinweis, Christian!
Update 2: Seit Version 1.0.2 kann man sich in der Android-App Kreise definieren, zwischen denen man dann in der Stream-Ansicht hin- und herswipen kann. Wunderbar!

Leider muss man auch jedesmal, wenn man von irgendeiner anderen G+-Ansicht zurück auf den Stream wechselt, wieder den Circle anwählen, den man sehen will. Google+ merkt sich den zuletzt angesehenen Kreis nicht und startet immer mit dem gesamten Stream.
Nett wäre es außerdem, wenn man mehrere Kreise gleichzeitig zur Betrachtung anwählen könnte (wie bei Diaspora) und sowas wie einen Zähler für ungelesene Nachrichten in jedem Kreis hätte.

Das ganze ist nicht perfekt, momentan für mich aber die beste Lösung. So behalte ich den Überblick und verpasse nie Nachrichten von denen, die mir wirklich wichtig sind.

Montag, 11. Juli 2011

Der Abbau der Privatsphäre und die schleichende Gewöhnung daran

Im Zuge der Einführung von Google+, meiner eigenen Begeisterung dafür und allem, was man bei einem neuen sozialen Netzwerk an Privatsphäre-Fragen zu bedenken und einzustellen hat, ist mir eines aufgefallen:
Es macht mir immer weniger aus, wenn Unternehmen immer mehr über mich wissen. Privatsphäre, früher ein sehr wichtiges Thema für mich, wird zweitrangig, meine Standards weichen immer mehr auf.
Es gab Zeiten, da wäre es für mich undenkbar gewesen, Google Mail zu nutzen. Der großen Datenkrake meine privaten E-Mails zum Lesen geben? Nie und nimmer!
Aber dann musste der Freund, der für mich MX gespielt hatte, kurzfristig seinen Server vom Netz nehmen. Ich brauchte schnell einen Ersatz und dachte an den alten GMail-Beta-Account, den ich irgendwann zu Testzwecken mal aufgemacht hatte. Und dann führte mich Mailplane in die Nutzung der Webapp ein, und ich wollte keinen Desktop-MUA mehr benutzen, weil GMail so viel besser war.
Damals hatte ich noch Bauchschmerzen bei meiner Wahl des E-Mail-Providers, speziell was die Konatkte betraf. Heute ist das selbstverständlich für mich.

Natürlich gehörte ich auch einmal zu den Leuten, die den Browser per Default grundsätzlich keine Cookies akzeptieren lassen. Nur wo es nötig ist, wurde ausgewählten Seiten das Setzen ermöglicht. Heute lasse ich das schon aus Bequemlichkeit bleiben und nutze Chrome. Mit Ghostery habe ich immer noch ein Plugin, das Trackern das Leben schwer macht, und das ich auch behalten werde. Die Zeiten, in denen ich mich über Seiten, die nur mit Cookies funktionierten, maßlos ärgern konnte, sind aber lange vorbei.

Dazu kommt noch das Messen mit zweierlei Maß, das ich an mir beobachten musste.
Auf Facebook irgendwem außer meinen „Freunden“ zeigen, mit wem ich „befreundet“ bin? NIEMALS!!11 Auf Google+ war die Liste der mit Leute in meinen Kreisen zeitweise öffentlich.
Auf Facebook hatte ich das Profil größtenteils nicht einmal ausgefüllt, um dem gruseligen Datenmonster so wenig wie möglich zum Fraß vorzuwerfen. Bei Google habe ich das alles gleich an der Pforte abgegeben, auch wenn viele Informationen nur für einige wenige meiner Kontakte sichtbar sind.
In gewisser Weise ist es meiner Ansicht nach schon berechtigt, Google etwas weniger misstrauisch zu begegnen als Facebook. Google gibt die Daten im allgemeinen nicht an Dritte weiter, und auch wenn ich die Defaults ein bisschen freizügig finde, so sind gute, „sichere“ Privatsphäre-Einstellungen nicht wie bei Facebook erst im gefühlt hundertsten Menü bestmöglich versteckt zu finden, sondern klar und offensichtlich.
Trotzdem ist es ein bisschen seltsam, dass bei mir ein und dieselbe Funktion in Facebook die Alarmglocken schrillen lässt, während sie in Google+ zumindest relativ ungefährlich wirkt.

Was habe ich mich vor etwa einem halben Jahr noch darüber aufgeregt, dass Diapora-Profile öffentlich sichtbar waren und von Google indiziert wurden! Ein echtes Bild von mir, verbunden mit dem oft benutzten Nick und einem Link zu meinem Blog, wo notgedrungen die echte Adresse im Impressum steht – das wollte ich gar nicht!
Bei der ersten erfolgreichen Anmeldung bei Google+ wurde mein Google-Profil öffentlich, und das vorher nicht vorhandene Bild reichte ich auch noch nach. Einfach so, wieder ein Mäuerchen eingerissen.
Mal ganz abgesehen davon, dass Facebook an dieser Stelle in Sachen Privatsphäre sogar die Nase vorn hat: Ein Profil ganz vor Suchmaschinen verstecken kann man nur dort, Google+ bietet diese Option nicht.

User-Tracking durch Facebook mit Hilfe des Like-Buttons? Verwerflich! Den Säcken gehört das Handwerk gelegt!
Google tut das auch, mit dem +1-Button? Nicht schön, aber sowas braucht man jetzt anscheinend … ?

Wie oben schon geschrieben: Ich halte es durchaus für berechtigt, Facebook gegenüber weit mehr Skepsis an den Tag zu legen als Google gegenüber. Als weiteres Beispiel sei genannt, dass ich bei Google+ nicht mehrere Stunden gebraucht habe, um alle Privatsphäre-Einstellungen zu finden, zu verstehen und auf sinnvolle Einstellungen zu setzen. Und https ist bei Google+ Standard.
Trotzdem ist es erschreckend, wie sehr das Privatsphäre-Schutzbedürfnis auch davon abhängt, wie sehr ich den mag, der mir anbietet, es aufzuweichen.
Was ich heute auf Google+ so alles tue und was ich alles mit anderen teile ist weit mehr als das, was ich mir dahingehend noch vor Jahresfrist hätte vorstellen können.

Was ist das? Das Aufgeben irrationaler Ängste? Die Aufweichung eigentlich sinnvoller Standards?
Beides ein wenig. Und es ist ganz schwer einzuschätzen, ob es mehr vom einen oder mehr vom anderen ist.

Freitag, 1. Juli 2011

Google+, der erste ernsthafte Konkurrent für Facebook

Da hat Google am Mittwoch einen echten Paukenschlag gelandet: Einfach so, mir nichts, dir nichts, wird ein fertiges Social Network aus dem Hut gezaubert. Und ganz anders als bei früheren Versuchen wie Google Buzz, das die meisten hierzulande nicht einmal kennen dürften, hat Google diesmal vieles richtig gemacht.
Der neue Dienst sieht toll aus und lässt sich klasse bedienen – vieles läuft per Drag&Drop, alles ist schnell, gut verständlich und aufgeräumt. Facebook wirkt dagegen sehr altbacken und träge und vor allem extrem kompliziert – was bei Facebook seitenweise kaum verständliche Einstellungen sind, ist bei Google eine einzige Seite, die klar und deutlich ist und zumindest nach einer ersten Einarbeitung in das Konzept von Google+ auch keine Fragen offen lässt.
Denn eines ist natürlich klar: Google+ ist keine 1:1-Kopie von Facebook. Es gibt eigene Konzepte, die zwar so fast alle auch anderswo schon zu sehen waren, die aber für den wechselwilligen Facebook-User zunächst einmal eine Umgewöhnung bedeuten und verstanden werden müssen.

Circles (Kreise)
Das ist der größte Unterschied zwischen Facebook und Google: Circles oder Kreise. Das sind Gruppen, in die man seine Kontakte einordnet.
Auch Facebook bietet die Möglichkeit, Gruppen zu erstellen, dort ist aber etwas völlig anderes damit gemeint: Eine Facebook-Gruppe ist so etwas wie ein Mailverteiler. Man sendet etwas an die Gruppe, und alle Gruppenmitglieder können es lesen. Außerdem kann jedes Gruppenmitglied selbst auch Mitteilungen an die Gruppe schreiben. Jeder kann Andere zu Gruppen hinzufügen (die dann selbst wieder austreten müssen, wenn sie das nicht wollen), jeder kann zumindest einen Antrag an den Gruppen-Administrtor (meist der Gründer) stellen, um einer Gruppe beizutreten. Update: Eben auf Hinweis von Thomas gefunden: Neben Gruppen gibt es auch Listen, und die stellen diese Funktionalität zur Verfügung. Es ist aber extrem umständlich, sie zu benutzen.
Kreise bei Google+ sind etwas ganz anderes: Mit ihnen organisiert der User seine eigenen Kontakte, teilt sie ein in Freunde, Bekannte, Familie, Kollegen und so weiter. Ein Kreis ist nichts Öffentliches; ich könnte jemanden in den Kreis „Deppen“ einordnen, und er würde nicht wissen, wie ich ihn kategorisiert habe.
Kreise dienen dazu, eigene Nachrichten nur bestimmten Leuten zugänglich zu machen. Von der Party gestern Abend sollen meine Freunde erfahren, aber nicht meine Kollegen oder mein Chef, und vielleicht auch nicht die Familie. Also ordne ich meinem Status-Update nur den Kreis „Freunde“ zu. Alle anderen können es nicht sehen. Und wenn ein Kollege auch ein Freund ist, wird er eben in beide Kreise eingeordnet.
Umgekehrt kann ich auch in meinem Stream (das, was in Facebook die Neuigkeiten sind) einen Kreis auswählen und bekomme dann nur die Nachrichten aus diesem Kreis angezeigt. Das ist besonders praktisch, wenn man seit Längerem nicht mehr reingeschaut hat – das ganze Rauschen vieler Kontakte mit all ihren Youtube-Links und „Gefällt mir“-Posts kann ausgeblendet und nur auf die Posts enger Freunde beschränkt werden. Die anderen sind erst einmal nicht so wichtig.
Anders als bei Facebook kann jeder erst einmal von sich aus anfangen, mir seine Status-Updates zu schicken, er muss nicht erst mein „Freund“ werden. Sinnvollerweise tauchen diese Nachrichten aber nicht im normalen Stream auf. Nur, wenn man auf „Nicht in Kreisen“ klickt, um die Nachrichten derjenigen anzuzeigen, die mit einem teilen, die man aber noch nicht einem Kreis zugeordnet hat, kann man sie sehen. Erst wenn man so einen Kontakt einem Kreis zugeordnet hat, tauchen seine Nachrichten auch im normalen Stream auf. Natürlich kann man Spammer auch ganz blockieren.
Wenn ich eine Nachricht poste, habe ich die Möglichkeit, entweder bestimmte Kreise oder auch einzelne Personen auszuwählen, die sie sehen können, „Meine Kreise“ zu nehmen, so dass die Nachricht für die Insassen aller meiner Kreise zugänglich ist, „Erweiterte Kreise“ um sie auch „Freunden von Freunden“ zu zeigen, oder sie ganz öffentlich zu machen – dann sieht sie jeder Besucher meines Profils, ob ich ihn kenne oder nicht, und sie kann auch von Suchmaschinen gefunden werden.
Dadurch fällt das Facebook-Problem weg, dass man entweder seine „Freunde“ auf Leute beschränken muss, mit denen man tatsächlich befreundet ist, oder sich immer überlegen muss, was man denn nun bei Facebook sagen kann und was nicht. Update: Stimmt nicht ganz, siehe Update oben.
Das ist der wichtigste Unterschied zu Facebook, der Punkt, der für „Überläufer“ zunächst einmal am schwierigsten zu verstehen sein wird – und der größte Vorteil gegenüber Facebook.

Weitere Funktionen in Kürze
Hangouts sind Video-Chaträume. Bis zu zehn Leute können so gleichzeitig miteinander mit Audio und Video konferieren. Auf Wiedersehen Skype, Du bist überflüssig geworden. Voraussetzung ist lediglich die Installation eines entsprechenden Plugins für den Browser. Natürlich kann man auch auf Video verzichten und sich nur unterhalten. Außerdem gibt es einen „YouTube-Kanal“ im Hangout, in dem sich die Teilnehmer gegenseitig YouTube-Videos vorführen können. Von Smartphones aus kann man Hangouts (noch) nicht benutzen.

Huddle gibt es nur in der mobilen Version. Es ist dafür gedacht, sich mit mehreren Personen in Echtzeit auszutauschen, etwa um einen Termin zu finden. Wohl eine Art Multi-User-Chat, auch als Ersatz für WhatsApp und Konsorten. Ich habe es noch nicht getestet.

Sparks ist das Feature, mit dem ich persönlich am wenigsten anfangen kann – es ist wohl für Leute gedacht, die sich vorm Computer langweilen und nicht wissen, was sie tun sollen, was mir eher selten passiert. :-) Man kann über Stichwörter eigene Interessen angeben und bekommt dann aktuelle News und Artikel aus dem Netz zu diesem Thema.

Im Profil kann ähnlich wie bei Facebook für jedes einzelne Element festgelegt werden, wer es sehen darf (nur ist es bei Google+ einfacher zu durchschauen und wesentlich praktischer gelöst).

Eine App für Android ist bereits verfügbar, für iPhone und iPad ist eine angekündigt (zumindest für manche andere mobile Betriebssysteme wird es in Zukunft sicher auch Apps geben). Einstweilen und mit anderen Systemen kann man die mobile Website benutzen. Die Android-App wirkt aufgeräumt und gut durchdacht und ist im Gegensatz zur Facebook-App auch richtig flott. Auf Wunsch werden alle Fotos automatisch in ein privates Picasa-Album hochgeladen und können dann in Google+ direkt freigegeben werden, ohne dass man sie umständlich suchen und hochladen müsste.

Chat gibt es in Form des schon von Google Mail her bekannten Chats Google Talk.

Freunde finden
Zur Nutzung des Dienstes ist ein Google-Konto nötig. Wer dort bereits ein gefülltes Adressbuch vorhält, hat gleich eine ganze Menge Vorschläge, welche Leute er einladen könnte. Jemanden zu finden, der schon auf Google+ ist, ist momentan natürlich noch eher unwahrscheinlich, da der Dienst erst seit Mittwoch überhaupt öffentlich existiert.
Außerdem ist es möglich, Adressbücher von Yahoo und Hotmail hochzuladen (und das wurde inzwischen auch freigeschalten).
Wer Google Chrome nutzt, kann mit Hilfe einer Erweiterung außerdem alle Facebook-Freunde importieren und diese dann einladen (Anleitung hier).
Um jemanden einzuladen, kann man in der Circles-Ansicht einfach auf ihn doppelklicken.

Weitere Unterschiede zu Facebook
  • Google gibt keine Daten an Dritte weiter.
  • Es gibt keine Apps und Spiele. (Noch?)
  • Private Nachrichten sind keine eigene Funktion an einer anderen Stelle – man sendet eben einfach eine ganz normale Nachricht, die aber nur diese eine Person sehen kann.
  • Wenn man den Stream neu lädt, ist er nicht nach Zeit des jeweiligen Originalposts sortiert, sondern nach Zeit des letzten Kommentars. So verpasst man keine Kommentare zu älteren Posts. Wenn ein Post mit langweiligen Diskussionen nervt, weil er ständig wieder vornedran steht, kann man ihn auch ignorieren (Kreuz oben rechts).
  • Die Tools zum Betrachten von Fotos sind genial und wirklich sehr viel besser als bei Facebook.
  • Ist man bei anderen Google-Tools eingeloggt, zum Beispiel bei Google Mail, sieht man automatisch einen rechts oben einen Zähler, wo neue Benachrichtigungen angezeigt werden. Man muss auch nicht umständlich zu Google+ wechseln, um deren Inhalt dann anzusehen, das geht direkt in der dann aufgehenden Box. Sehr clever gelöst.
  • Intuitiver, einfacher, schneller, schöner.

Teilnehmen
Mittlerweile ist Google+ für Jedermann freigegeben worden, es ist keine Einladung mehr nötig. Einfach auf der Google+-Seite mit einem bestehenden Google-Konto einloggen oder ein Konto anlegen, fertig. Update: Doch nicht. Es wird einem zwar jetzt angeboten, sich mit seinem Google-Konto einzuloggen (deswegen dacht ich es geht), aber ohne Invite kommt man dann nicht rein.
In den letzten beiden Tagen hatten sich trotz „invite only“ ungeheure Mengen an Leuten angemeldet, und Google ließ zeitweise keine neuen Anmeldungen mehr zu. Das ist jetzt aber offenbar vorbei.

Datenschutz
Natürlich ist Google in Sachen Datenschutz kein Lämmchen, aber eines ist klar: Google ist in meinen Augen viel, viel besser als Facebook.
Das liegt vor allem daran, dass Google die persönlichen Daten nicht an Dritte weitergibt. Es gibt keine Apps, die neben netten Spielmöglichkeiten vor allem die Aufgabe haben, ihre Nutzer (und deren Freunde) auszuforschen.
Wer weiß, ob Google in Zukunft Apps zulassen wird, um mit Facebook gleichzuziehen – zu hoffen bleibt dann jedenfalls, dass sie nicht sie gleichen Möglichkeiten bekommen, wie Facebook-Apps sie haben.
Google selbst wird dadurch also noch mehr von uns erfahren. Die Such-Historie kann bei immer eingeloggtem Google-Konto mit einer konkreten Person verbunden werden, und das auch über mehrere Computer und/oder Browser hinweg. Dazu E-Mails, und jetzt auch noch Social Network …
Da kommen richtig viele und sehr konkrete Daten zusammen. Ob man das alles einem einzelnen Anbieter anvertrauen will, muss jeder selbst wissen.
Meine persönliche Meinung ist, dass Google eines der ganz wenigen Unternehmen ist, denen ich diese Daten ohne größere Bauchschmerzen anvertrauen kann. Vor allem weiß ich (oder gehe zumindest mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass in der Privacy Policy nicht gelogen wird), dass das alles bei Google bleibt und nicht in die Hände weniger vertrauenswürdiger Dritter gelangt.
Allgemein kann man sagen: Wer bisher bei Facebook war, kann leichten Herzens zu Google+ wechseln. Wem Facebook datenschutztechnisch zu heiß war, der muss Google+ für sich selbst bewerten. Es ist sicher deutlich weniger schlimm, aber auch ganz bestimmt nicht unproblematisch.
Echte Fallstricke wie bei Facebook gibt es kaum.
Beim Ausfüllen des Profils sind einige Voreinstellung für die Sichtbarkeit der Daten meiner Meinung nach zu locker, anders als bei Facebook sind sie aber beim Eingeben direkt sichtbar (nicht hinter dem Schloss versteckt) und können sehr einfach umgestellt werden.
Besonders positiv: Die Eingabe des Geburtsdatums, das in Verbindung mit dem Namen den Identitätsdiebstahl besonders leicht macht, ist überhaupt nicht vorgesehen. Eine (theoretische) Pflicht zur Angabe des echten Namens wie bei Facebook gibt es nicht, der Name kann auch später problemlos geändert werden. Update: Stimmt nicht, gibt es doch, auch wenn Spitznamen zugelassen sind.
Wer will, kann sein Profil auch komplett aus allen Suchergebnissen ausschließen. Dann kann er aber natürlich auch nur von Freunden gefunden werden, die ihn einfach anhand seiner E-Mail-Adresse hinzufügen.
Wie bei Facebook gibt es einige Daten, die grundsätzlich als öffentlich gelten: Der Name und die Profilfotos – und, was nicht auf Anhieb ersichtlich ist, die „+1“-Daten. „+1“ ist Googles Version des Like-Buttons. Den entsprechenden „+1“-Button gibt es inzwischen auf vielen Websites. Drückt man ihn auf einer Website, gilt die Tatsache, dass man diese Website mag, ebenfalls als öffentlich. (Tut man das bei Nachrichten in Google+, die nicht öffentlich sind, ist das natürlich nur für die Leute zu sehen, die auch die Nachricht sehen können.)
An einem Punkt muss man vielleicht ein bisschen aufpassen, weil man das nicht gewohnt ist:
Wenn man eine Nachricht kommentiert (oder +1 drückt), hat dieser Kommentar genau die gleiche Sichtbarkeit wie Nachricht. War die Nachricht also öffentlich für alle Internet-User sichtbar, ist auch mein Kommentar für alle Internet-User sichtbar. Deshalb ist auch an jeder Nachricht ein Hinweis zu sehen, ob sie „Öffentlich“ oder „Eingeschränkt“ verfügbar ist. Ein Klick auf „Eingeschränkt“ zeigt die Liste aller User, die die Nachricht sehen können. Bevor man etwas potentiell Peinliches kommentiert, sollte man sich also besser diese Liste ansehen. (Bei Facebook ist das mit der Sichtbarkeit von Kommentaren natürlich nicht anders, nur habe ich dort keine Möglichkeit zu sehen, wie öffentlich die Nachricht ist, auf die ich antworte.)

Fazit
Um es kurz zu machen: Ich bin begeistert!
Da hat Google wirklich einen großen Wurf hingelegt. Viele der Konzepte sind aus anderen Systemen bekannt, besonders viele davon aus Diaspora, aber es ist das erste Angebot, das ich kennengelernt habe, bei dem ich wirklich das Gefühl habe, dass es Facebook User abjagen kann.
Und ich hoffe sehr, dass es das tun wird.
Ein erstes Angebot an meine Facebook-„Freunde“, ihnen eine Einladung zu Google+ zukommen zu lassen, hat leider kaum Reaktionen hervorgerufen – vielleicht (hoffentlich) deshalb, weil ich auch dazugeschrieben habe, dass sich Google+ noch in der Testphase befindet und meine Kontakte fast alle sehr wenig mit Computern am Hut haben.
Tatsächlich ist Google+ aber ein bereits ein fertiges, vollwertiges Produkt.
Ich wünsche mir, dass das möglichst viele Facebook-Nutzer speziell aus meinem Freundeskreis auch tun. Ich möchte Facebook hinter mir lassen, aber richtig schön wird das nur, wenn möglichst viele Leute mitkommen.

Freitag, 10. Juni 2011

Bitcoin: Hintergründe und Einschätzungen

In den letzten Wochen ist ein Thema durch die Medien gegangen, das in seiner Art bislang relativ einzigartig ist: Bitcoin, eine neue Währung im Internet? Oder, genauer: Ein neues Zahlungsmittel im Internet, denn Währungen werden per definitionem von Zentralbanken herausgegeben und sind offizielle, gesetzlich unterfütterte Zahlungsmittel. (Danke für entsprechende Hinweise!)
Selbstverständlich gab und gibt es unzählige Versuche, neue oder parallele Zahlungsmittel zu etablieren. Keines war aber bislang so gut durchdacht, hatte in meinen Augen so viel „Hand und Fuß“ und bot so wenig Möglichkeiten für Betrug (vor allem durch die Erfinder), wie das bei Bitcoin der Fall ist.
Gerade in Deutschland fand man auch selten zuvor so viel Medienaufmerksamkeit für parallele Zahlungsmittel. Wenige Kommentatoren scheinen das System aber wirklich zu durchschauen; deshalb hier einige Erklärungen:


Was ist Bitcoin?
Bitcoin ist ein Zahlungsmittel; analog zu EUR wird es als BTC geschrieben. Es gibt keine Geldscheine; wie ein Großteil des Geldes etablierter Währungen auch existiert Bitcoin nur virtuell.
Größter Unterschied zu etablierten Währungen: Ausgegeben wird Bitcoin nicht von einer zentralen Instanz, der man vertrauen muss, sondern von einem riesigen P2P-Netzwerk einzelner Computer, von denen keiner einfach die Kontrolle übernehmen und andere „abzocken“ kann.

Wie funktioniert das?
Das ist nicht in ein paar Sätzen zu erklären.
Wichtig für den Anwender: Man hat eine „Wallet“, einen Geldbeutel also, in Form einer Datei auf der Festplatte. Dort sind die Berechtigungen gespeichert, die es einem ermöglichen, über das Geld zu verfügen, das einem gehört. (Backups sind also wichtig! Ist die Datei weg, ist auch das Geld weg!)
Mit einer Client-Software für das Bitcoin-Netzwerk kann man dann Beträge an andere versenden. Der Empfänger erhält praktisch sofort die Notiz, dass ich Geld an ihn versende, so gut wie hundertprozentig sicher sein, dass hier kein Betrugsversuch vorliegt, kann er sich nach etwa einer Stunde.

Ist das ganze sicher?
Kurze Antwort: Ja.
Die Details würden den Rahmen dieses Artikels sprengen, aber durch das Design des Netzwerks ist es fast unmöglich, mit Hilfe des Netzwerks selbst Betrug zu begehen. (Sich bezahlen lassen und dann keine Ware liefern geht natürlich trotzdem.) Man bräuchte ungeheure Rechnerfarmen mit unvorstellbaren Rechenkapazitäten, und damit könnte man dann nur einige wenige Transaktionen fälschen – wenn man Glück hat.
Wenn man über diese Kapazitäten verfügt, ist es zudem finanziell wesentlich attraktiver, sie als Teil des Netzwerks bestimmungsgemäße Berechnungen durchführen zu lassen. Damit kann man nämlich eine ganze Menge Geld verdienen, und das auch schon mit kleineren Kapazitäten.

Ist Bitcoin gefährlich für Gesellschaft und/oder Wirtschaft?
Solche Behauptungen gab es in letzter Zeit von verschiedenen Stellen zu hören. Sie werden entweder von Institutionen gestreut, die sich in ferner Zukunft evtl. wirklich vor Bitcoin fürchten müssen, oder von Leuten, die Bitcoin nicht verstanden haben.
Grundsätzlich kann man Bitcoin natürlich, wie alle anderen Zahlungsmittel, für illegale Geschäfte benutzen. Es hat gegenüber Bargeld den Vorteil, dass man nicht riesige Koffer herumtragen muss, um größere Geldmengen zu transferieren, aber auch deutliche Nachteile (aus Sicht Krimineller):
Alle Bitcoin-Transaktionen sind für alle öffentlich einsehbar und nachverfolgbar. Das ist Teil dessen, wie das System an sich funktioniert, und wird auch immer so bleiben. Bitcoin ist insofern nicht anonym, wie häufig behauptet wird, sondern nur pseudonym – echte Anonymität kann nur Bargeld bieten.
Der Partner in einer Transaktion kennt erst einmal nur eine kryptische Adresse des anderen, wie die, die hier in der rechten Spalte bei Spenden unter Bitcoin zu sehen ist. Da etwa ein Internethändler diese Adresse aber einer tatsächlichen Lieferadresse zuordnen kann, ist es dann mit der Anonymität nicht mehr weit her.
Das gilt so zwar nur eingeschränkt, weil jeder hunderte solcher Adressen haben kann und mit der Zeit haben wird (alle gemeinsam in der Wallet gespeichert), und jederzeit Geld von einer Adresse in eine andere transferieren kann. Mit Verschiebungen über Drittadressen ist es schon möglich, Geldströme zu verschleiern.
Trotzdem ist bei Bitcoin sehr viel mehr sicht- und nachvollziehbar, als das bei Bargeld der Fall wäre.
Dadurch, dass ich die nebenstehende Empfangsadresse öffentlich gemacht habe, kann zum Beispiel jeder nachvollziehen, wie viel BTC ich schon als Spenden für das Blog erhalten habe. (Zum aktuellen Zeitpunkt: 0 :-) )
Weiterhin ist das Bitcoin-„Konto“, die Datei wallet.dat, nicht dem direkten Zugriff des Staates ausgesetzt. Solange also niemand das Speichermedium in die Finger bekommt, auf der sie gesichert ist, kann nichts gesperrt, gepfändet oder konfisziert werden.
Das bedeutet also: Bitcoin lässt vor dem Zugriff des Staates durchaus mehr verschwinden als der normale Zahlungsverkehr über Banken und Kreditkarten. Bargeld aber ist in dieser Hinsicht noch viel „gefährlicher“.

Rein theoretisch könnte Bitcoin irgendwann zu einem veritablen Konkurrenten des klassischen Zahlungsverkehrs werden. Vorteile: Die Transaktionskosten sind viel geringer und weltweit identisch, und man muss keinem Dritten (Bank/Staat) vertrauen. Das könnte rein theoretisch andere Zahlungssysteme mit der Zeit zurückdrängen. Ob es je soweit kommt, wird sich zeigen.
Sollte irgendwann der – meiner Meinung nach recht unwahrscheinliche – Fall eintreten, dass Bitcoin die traditionellen Währungen weitgehend ersetzt, sehen viele Theoretiker in der deflationär angelegten Natur von Bitcoin ein Problem: Bei wachsender Wirtschaft würden Preise (und natürlich auch Löhne!) ständig sinken, es wäre schwieriger, an Hochrisikokapital zu kommen, weil Bitcoin sich selbst gewissermaßen schon verzinst, etc. Genau darin sehen andere wiederum den großen Vorteil gegenüber dem derzeitigem Wirtschaftssystem, da der Anreiz zum Schuldenmachen wegfällt und dadurch theoretisch eine stabilere Wirtschaft entstehen könnte.
Ich werde mich als Laie in diese Diskussion nicht einmischen, sehe von meinem Standpunkt aus in der deflationären Natur aber durchaus eher Vorteile, sofern sich die Bevölkerung an psychologisch ungünstige Gegebenheiten wie eben ständig sinkende Löhne gewöhnen kann.

Wie entsteht Bitcoin? Wer gibt es aus?
Bitcoin wird berechnet.
In groben Zügen: Damit eine Transaktion als ausgeführt gilt, muss sie in einen sogenannten Block aufgenommen werden, in dem für die darin enthaltenen Transaktionen (und gleichzeitig alle vorher jemals kreierten Blöcke) ein spezieller Hash berechnet wird. Eine solchen Hash zu finden bedeutet enormen Rechenaufwand (zufällig ganz, ganz, ganz viele Möglichkeiten durchprobieren). Wer es geschafft hat, erhält als Belohnung 50 BTC und die Transaktionsgebühren, die von den Transaktionsabsendern freiwillig beliebig festgelegt werden können (auch null).
Dabei gewinnt nicht einfach der, der am meisten Rechenleistung zur Verfügung hat: Es gleicht eher einer Lotterie, man probiert so viele mögliche Lösungen durch, wie man kann, und irgendwann ist vielleicht zufällig eine richtige darunter. Leute mit mehr Rechenleistung haben sozusagen mehr Lose und damit mehr Chancen, eine Lösung zu finden. Aber auch mit ganz wenig Rechenpower ist die Chance nicht null, solange die Leistung zumindest ausreicht, um innerhalb der durchschnittlichen Zeit bis zum Finden des nächsten Blocks wenigstens einen Lösungsversuch auszuprobieren (manche Grafikkarten schaffen über 100 Millionen Lösungsversuche pro Sekunde).
Die Schwierigkeit, so einen Block zu finden, wird immer der Gesamtrechenleistung des Netzes angepasst, so dass durchschnittlich etwa alle 10 Minuten ein Block gefunden wird.
In der Praxis schließen sich viele Nutzer zu „Pools“ zusammen. So erhalten sie zwar nur ihren Anteil an den 50 BTC, wenn ein Block gefunden wird, dafür gibt es aber auch regelmäßig ein bisschen Geld, nicht erst, wenn man nach Monaten oder gar Jahren des Rechnens mal Glück gehabt hat.
Da die Gesamtmenge an BTC, die es je geben wird, auf 21 Millionen festgelegt ist (deshalb auch deflationär), werden die „Miner“ irgendwann nur noch von den Transaktionsgebühren leben – und spätestens dann wird die Geschwindigkeit, wie schnell eine Transaktionen bestätigt wird, von den abgegebenen Transaktionsgebühren abhängen.
Damit bei steigendem Wert noch sinnvoll gezahlt werden kann, kann ein BTC momentan bis zur 8. Zehnerpotenz aufgeteilt werden. Die kleinste Einheit ist also 0.00000001 BTC. Notfalls lässt sich das später aber auch noch einmal verkleinern.

Was kann ich mit Bitcoins eigentlich machen?
Im Moment noch nicht allzu viel. Es gibt noch sehr wenige Händler, die direkt Bitcoins annehmen, und wegen der Wechselkursrisiken vermute ich auch, dass es nicht so schnell mehr werden werden.
Wenn der Empfänger Bitcoins annimmt, könnte es der wesentlich billigere (und schnellere) Weg sein, um eine Überweisung auszuführen, vor allem, wenn es eine Auslandsüberweisung aus der EU heraus ist.
Ansonsten kann man mit Bitcoins momentan vor allem eins: Spekulieren.
Es gibt diverse Börsen, an denen traditionelle Währung in BTC getauscht werden kann. Die größte ist MtGox, zum direkten Umtausch von Euro in BTC ist momentan bitmarket.eu die beste Wahl.
Die Wechselkurse sind in den letzten Monaten extrem in die Höhe geschossen, das hat einige (vor allem Leute, die von Anfang an dabei waren) sehr reich gemacht. Ob das so bleibt, steht aber völlig in den Sternen.

Und, ist das gut? Soll ich mitmachen? Was wird daraus einmal werden?
Tja, das ist die große Frage.
Durch die mediale Aufmerksamkeit in den letzten Monaten hat sich die Zahl der User vervielfacht – und auch der Wert eines Bitcoins. Anfang des Jahres lag er noch bei etwa $1, heute sind wir bei um die $30. Der Eurowert liegt momentan bei etwa € 20,–. Anfang der Woche waren es noch € 15,–.
Das weckt natürlich die Gier.
Bitcoin-Nutzer waren bis vor kurzem noch in erster Linie Idealisten, die sich von einem nicht kontrollierbaren, deflationär angelegten Zahlungsmittel eine bessere Welt ohne Finanzcrashs erhofften.
Heute dürfte die Mehrzahl vor allem den schnellen Gewinn im Auge haben.
Entsprechend groß ist natürlich die Gefahr einer Spekulationsblase. Auslöser für einen größeren Absturz könnten neben einer Marktsättigung (die allerdings vmtl. noch gutes Stück weit weg ist) vor allem Versuche sein, das Zahlungsmittel staatlicherseits zu verbieten.
Erste Vorstöße in diese Richtung laufen in den USA bereits, wo Wall-Street-nahe Senatoren versuchen, Bitcoin verbieten zu lassen, weil es das Zahlungsmittel der Drogenhändler sei. Eine Pressemitteilung des Bundesverbandes Digitaler Wirtschaft ging in ähnliche Richtung.
Zwar wird es wegen der P2P-Natur des Netzes nahezu unmöglich sein, Bitcoin ganz von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Sollten aber große Börsen wie MtGox plötzlich geschlossen werden, wäre das ein empfindlicher Schlag gegen Bitcoin, würde viele Spekulanten dazu bewegen, Bitcoin wieder zu verlassen und würde den Kurs kräftig abstürzen lassen. (Allerdings scheint MtGox in Japan zu sitzen, was den Zugriff der US-Justiz zumindest erschweren dürfte.)
Einige „alte Hasen“ aus dem Bitcoin-Forum wünschen sich genau das, um die lästigen „money people“ wieder loszuwerden und ungestört weiter am eigentlichen Zweck von Bitcoin arbeiten zu können.
Tatsächlich ist das ein zweischneidiges Schwert: Einerseits ist Popularität genau das, was das Netzwerk braucht, um weiter dem Zweck entgegenwachsen zu können, für den es eigentlich geschaffen wurde. Andererseits muss unweigerlich irgendwann Schluss sein mit dem Hochschießen der Kurse, und zwar nicht nur mit einem kleinen Dämpfer, wie er wahrscheinlich (?) im Moment zu beobachten ist, sondern mit einem kräftigen Rückschlag.
Vermutlich wird die Art dieses Ereignisses (oder dieser Ereignisse) letztlich darüber bestimmen, wie populär Bitcoin in der ferneren Zukunft sein wird, und ob es sich neben seiner aktuellen Rolle als Spekulationsobjekt wirklich als alternatives Zahlungsmittel wird platzieren können.
Ich würde jedenfalls niemandem, der sich nicht ganz genau darüber bewusst ist, was er da tut, zur Investition in Bitcoins raten. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das Risiko extrem hoch, und erst über die Jahre wird sich zeigen, wo Bitcoin sich hinentwickelt. Gerade Auswüchse, von denen man immer wieder hört, wo Leute sich Geld leihen, um es dann in Bitcoins zu investieren, gehören definitiv in die Kategorie „Probieren Sie das nicht zu Hause!“
Das Ausmaß des Handels an den BTC-Börsen sollte man nicht unterschätzen: Allein bei MtGox übertrifft der tägliche (!) Umsatz inzwischen meist eine Million US-Dollar.
Nicht selten ist auch der Kauf von spezieller Hardware, um „Bitcoin Mining“ zu betreiben. Im kleinen Rahmen ist das aber fast noch risikoreicher, weil die Anfangsinvestition relativ hoch ist und mit der Erhöhung des Schwierigkeitsgrades immer weniger BTC als Einnahme zurückfließen. Weder die zukünftigen Schwierigkeitsgrade noch die Wechselkurse sind ernsthaft vorhersagbar. Rechnet man die Stromkosten mit ein, wird es außerdem zunehmend schwierig, überhaupt von einem Gewinn auszugehen – außer man setzt darauf, dass die Kurse weiter in den Himmel steigen.
Für Interessierte lohnt es sich aber sicher, ein paar Euro zu tauschen und ein wenig mit dem Netzwerk zu experimentieren. Besonders schön wäre es, wenn es mehr Möglichkeiten gäbe, BTC direkt bei Händlern auszugeben.

Fazit
Bitcoin ist ein sehr interessantes Projekt, das viel Potenzial hat. Momentan taugt es leider vor allem zur Spekulation mit hohem Risiko und wird dafür auch reichlich genutzt.
Bleibt zu hoffen, dass Kontrollverlustängste seitens der Finanzmärkte und seitens der Staaten nicht irgendwann dazu führen, dass Bitcoin durch Verbot und Schließung wichtiger Handelsplätze wieder in der Bedeutungslosigkeit versinkt – und dass übermäßige Spekulation nicht zu einem ähnlichen Ergebnis führt.

Kleine Link-Auswahl
Bitcoin-Homepage mit Software-Download und weiteren Links
Bitcoin-Wiki mit allen wichtigen Informationen und Hilfe
Bitcoin-Forum
Block Explorer: Durchsuchbare Datenbank aller Bitcoin-Blöcke und -Transaktionen
bitcoincharts.com: Übersichtliche Darstellung der Marktentwicklung auf vielen Bitcoin-Börsen

Freitag, 27. Mai 2011

Hintergründe und Einschätzungen zu Google Wallet

Gestern hat Google sein neues Bezahlsystem per NFC vorgestellt: Google Wallet. Googles offizielle Infoseiten dazu sind hier.
Prinzip: Man besitzt ein Handy, das NFC (Near Field Communication) beherrscht, einen Funkstandard, der nur über wenige Zentimeter überträgt – ein Kandidat ist hier zum Beispiel das Nexus S. Auf diesem Handy ist die App Google Wallet installiert. Per Knopfdruck kann man damit dann bezahlen, wenn der Händler über entsprechende Möglichkeiten verfügt.
Update: Laut TechCrunch soll es für Handys ohne NFC-Funktion bald Aufkleber geben, die die Funktion zumindest teilweise nachrüsten: Statt beliebiger Karten sollen die Aufkleber eine einzelne Karte repräsentieren, die schon beim Kauf festgelegt ist. Der Aufkleber beinhaltet also gewissermaßen die Karte.
Wie das funktionieren soll, ist mir aber nicht ganz klar. Der Aufkleber selbst kann natürlich RFID-ähnlich ohne eigene Stromversorgung mit dem NFC-Terminal kommunizieren; eine entsprechende aktiv-passiv-Kommunikation ist bei NFC (neben aktiv-aktiv-Kommunikation zwischen zwei Handys oder Terminal und Handy) jedenfalls spezifiziert. Die Frage ist, wie die Google-Wallet-App mit dem Aufkleber kommunizieren soll, bzw. ob das überhaupt vorgesehen ist, und wenn nein, wie dann die Bezahlung authentifiziert werden soll. PIN-Eingabe am Terminal statt am Handy, vielleicht? Dann könnte man aber das Handy gleich weglassen, und der TechCrunch-Artikel behauptet ja auch, dass Google Wallet sich irgendwie mit dem Aufkleber austauschen soll. Aber welche Funk-Standards, die ein normales Handy beherrscht, könnten dafür verwendet werden? Man darf gespannt sein, was Google da noch aus dem Hut zaubert.
Anscheinend verfügt ein gewisser „PayPass“ von MasterCard bereits über NFC-Technik, jedenfalls wird die Bezahlung per Handy in den USA überall dort möglich sein, wo dieser PayPass akzeptiert wird.
Bislang ist das Ganze beschränkt auf das Nexus S 4G bei Sprint, die Portierung auf weitere Geräte wird aber natürlich folgen.
Weiterhin kann man über das System Gutscheine einlösen, die man via Google Offers bekommen hat – ein weiteres Google-System, das sich derzeit in der Betaphase befindet, und über das man gewissermaßen Gutscheine und Rabattmarken für eine bestimmte Region abonnieren kann.
Natürlich sollen neben Citi, MasterCard, Sprint und Google Offers in Zukunft weitere Partner hinzukommen, eine entsprechende API ist in Vorbereitung. Wann das Ganze auch außerhalb der USA verfügbar sein wird, ist noch unklar.

Für die Sicherheit ist (zumindest theoretisch) gesorgt: Ähnlich dem Chip auf einer ec- oder HBCI-Karte gibt es auf dem Telefon ein sogenanntes „Secure Element“, das die Daten, z.B. die Kreditkartendaten, speichert. Es ist hardwaretechnisch völlig getrennt vom restlichen Telefon und dem Betriebssystem; die Daten liegen also nicht im normalen Speicherbereich.
Man kann sich die Kommunikation der Wallet-App mit dem Secure Element vorstellen wie die mit einem Server im Internet: Die App stellt Anfragen und erhält Antworten, aber nur, wenn sie die richtigen Schlüssel liefern kann.
Natürlich schützt das nicht vor dem Durchsuchen des Speichers, wenn die Wallet-App erst einmal die Daten vom Secure Element bekommen hat (was allerdings Root erfordert), und auch nicht vor Key Loggern (erfordern ebenfalls Root) oder bösartigen Tastatur-Programmen, die der User installiert hat, die alle Tastendrücke mitprotokollieren (so etwas ist bislang nicht bekannt, könnte aber programmiert werden). (siehe Update unten)
Ich vermute deshalb, dass Google, um die letzten beiden Möglichkeiten auszuschließen, das Secure Element nicht allgemein zugreifbar machen wird, d.h. nicht jedes Programm, das das Master-Passwort kennt, kann das Secure Element abfragen, sondern nur Programme, die wiederum von Google dazu authorisiert wurden und über einen entsprechenden Schlüssel verfügen. Update: Das ist tatsächlich der Fall, siehe die FAQ zu Google Wallet unter „Security and Privacy“.
Erstere Möglichkeit (Speicherdurchsuchung) ist ausgeschlossen, wenn das Telefon nicht gerootet wurde. Denkbar, dass Google ähnlich dem Musikdienst den Bezahldienst auf Telefone beschränkt, die nicht gerootet und/oder mit Custom ROMs versehen wurden.
Die App selbst ist natürlich nur mit PIN-Eingabe zugänglich.
Update: Der Kommentator unten hat recht: Solange mit dem Secure Element nur Transaktionen signiert werden, wie es etwa bei Kauf-Vorgängen der Fall ist (und auch beim Aufschließen, wo das Schloss sich vom Schlüssel einen zufälligen String signieren lässt, um sicherzugehen, dass der Schlüssel echt ist), haben Angreifer ziemlich schlechte Karten. Denn alles Speicherdurchsuchen hilft nichts, wenn da nur die Transaktion ist, die Google Wallet vom Kartenterminal bekommen hat, und später dann die Signatur dazu. Wenn so ein Terminal nicht dumm genug ist, dass es sich eine zwischendurch geänderte Transaktion unterschieben lässt (was hoffentlich nicht der Fall ist; vmtl. bekommt es nur die Signatur, nicht die signierte Transaktion zurück), ist der Angreifer selbst dann aufgeschmissen, wenn er Root und volle Zugriffsmöglichkeiten auf das Secure Element hat.
Außer es gibt Möglichkeiten, „Hersteller-Codes“, die das Secure Element dazu bringen, seine Private Keys rauszurücken. Das wird aber hoffentlich nicht der Fall sein – außer Speichern und Löschen geht hoffentlich gar nichts. Damit könnte der Angreifer dann nur Keys löschen und damit das Bezahlen verhindern. Selber Bezahlen könnte er nur, wenn er das Telefon gefunden hat und die PIN zu Google Wallet herausfindet, nicht als Programmierer eines Trojaners.
Angenommen, der Angreifer hätte vollen Zugang zum Secure Element erreicht. Natürlich könnte er sich beliebige Transaktionen signieren lassen. Aber was hilft ihm das, wenn er sie nirgendwohin übertragen kann? Das geschieht ja erst durch das Terminal beim Kauf, und das lässt sich ja nur die eigene Transaktion signieren.
Anders wäre es, wenn man das Secure Element ohne NFC einsetzen würde, etwa zum Online-Banking. Um das richtig sicher zu machen, bräuchte das Secure Element eine eigene Tastatur für die PIN-Eingabe. Vielleicht angeschlossen per NFC? :-) Mal sehen, was es da in Zukunft noch für Möglichkeiten geben wird.

Soweit zum Technischen.
Die eigentliche Frage aber ist: Will ich das?
Irgendwie klingt das Ganze ja schon recht praktisch. In 5-10 Jahren könnte es theoretisch so weit sein, dass man den Geldbeutel eigentlich zu Hause lassen kann und statt dessen alles mit dem Handy macht: Bezahlen natürlich, aber das Smartphone könnte dann auch Fahrkarte, Personalausweis, Reisepass und Führerschein sein – und Haus- und Autoschlüssel!
Das wäre schon super.
Um die Sicherheit mache ich mir nicht einmal große Gedanken – letztlich wäre das sicherer als ein Geldbeutel, weil vor all den Daten noch eine PIN steht, was ja für Kreditkarten, Personalausweise und erst recht für Fahrkarten, Bargeld und Schlüssel so nicht gilt. Sperren lassen kann man die Karten ja so oder so, und ich kann mir vorstellen, dass es dann auch die viel praktischere Lösung der Remote-Löschung des Wallet-Inhalts geben wird – als ersten Versuch mit Erfolgsbestätigung natürlich nur; denn wenn der Dieb das Handy vom Netz trennt, könnte er ja trotzdem damit bezahlen (falls er die PIN kennt), deshalb muss das ganz normale Sperren im Misserfolgsfall auf jeden Fall ebenfalls vollzogen werden.
Natürlich besteht immer die Möglichkeit, dass findige Hacker doch Möglichkeiten finden, irgendwie in das System einzudringen. Die hardwaretechnische Lösung verspricht aber zumindest, das sehr schwer zu machen – letztlich dürfte das Mitführen eines Geldbeutels tatsächlich gefährlicher sein.

Der Punkt, der mir weniger gefällt ist aber ein ganz anderer, zu dem ich allerdings ziemlich wenig Informationen gefunden habe: Was weiß Google über mich, was wissen die Verkäufer über mich, wenn ich das System benutze?
Schließlich sollen in Zukunft auch Rabattkarten a la Payback ihren Weg in den Google-Geldbeutel finden.
Ich vermute allerdings, dass das letztlich nicht viel anders sein wird als heute: Da Google Wallet in den USA mit bereits existierender Infrastruktur eingeführt wird, dürften wohl keine zusätzlichen Daten übertragen werden, d.h. was ich einkaufe, wird Google nicht mitbekommen. Das ist schon deshalb sehr wahrscheinlich, weil gerade große Ketten und Betreiber von Kartensystemen wie Payback mit Argusaugen darüber wachen werden, dass ihr Kapital, ihre Daten also, schön bei ihnen bleiben und nicht an Dritte weitergegeben werden – schon gar nicht an einen Riesen wie Google, der ihnen ganz schnell das Wasser abgraben könnte.
Das heißt: Einkaufen mit Google Wallet wird nie so anonym sein wie mit Bargeld, dürfte aber umgekehrt auch nicht mehr Daten an alle Beteiligten liefern als der Einkauf per ec- oder Kreditkarte.
Mit einem Unterschied: Neben dem Verkäufer, dem Betreiber des Kartenterminals, der Bank und ggfs. dem Kreditkartenunternehmen weiß auch Google, bei welchen Händlern ich wieviel Geld ausgebe. Und das ist verknüpft mit meinem Google-Konto.
Am Anfang habe ich mich gefragt, was Google eigentlich davon hat, denn laut FAQ verlangt Google weder von Händlern noch von Banken oder Kreditkartenunternehmen Geld für seine Leistung – nur das Interface für die API müssen die Partner selbst programmieren.
Natürlich kann Google damit Android pushen, aber das allein reicht sicher nicht als Grund, um eine derartige Infrastruktur aufzubauen. Zudem halte ich es ohnehin für ausgemacht, dass falls das iPhone 5 NFC-fähig sein wird, und falls Apple Google machen lässt, es auch eine Google Wallet für iOS geben wird, ebenso für andere mobile Betriebssysteme.
Nein – der Punkt ist, dass Google dann weiß, wo ich wieviel Geld ausgebe. Und entsprechend besser kann Google personalisierte Werbung schalten, entsprechend mehr Geld kann Google für die Werbung verlangen („zeige das Banner nur Leuten, die schon in einer unserer Filialen eingekauft haben“), entsprechend besser lassen sich Dienste wie Google Offers verkaufen, weil sie auch für den User interessanter werden, wenn an erster Stelle Gutscheine für Geschäfte erscheinen, in denen man auch wirklich regelmäßig einkauft.

Ja, da kann einem schon mulmig werden. Andererseits ist Google momentan das einzige Unternehmen, bei dem es für mich tatsächlich in Frage kommt, auch diese Daten noch hinzuzufügen – denn Google nutzt meine Daten, klar, aber bislang kenne ich keinen Fall, wo sie in irgendeiner Weise an Dritte weiterverbreitet wurden, wie etwa Facebook es gerne tut. Trotzdem, ein wenig Bauchweh bleibt bei der Vorstellung natürlich schon.
Bin gespannt, wie ich darüber denken werde, wenn Google Wallet hierzulande eingeführt wird, und ob ich dann teilnehmen werde.
Wir werden sehen.

P.S.: Kleiner Mindfuck am Rande: Es ist heute schon ziemlich doof, wenn beim Smartphone der Akku leer ist.
Aber wie wird das erst werden, wenn ich dann keine Fahrkarten mehr habe, nicht mehr bezahlen kann, mich nicht mehr ausweisen kann und nicht einmal mehr mein Auto benutzen kann oder in mein Haus hineinkomme?
Yay! X-)

Montag, 14. März 2011

Google-Navigation und Verkehrsinformationen in Deutschland

Da bezüglich der Verkehrsinformationen der Google-Navigation in Deutschland in letzter Zeit missverständliche und/oder falsche Informationen in vielen Blogs aufgetaucht sind, hier eine Klarstellung:
Auch in Deutschland sind in beschränktem Umfang Verkehrsinformationen vorhanden. Diese werden von der Google-Navigation auch genutzt.
Das kann jeder selbst ganz einfach sehen, indem er die Google-Navigation benutzt: Teile der Strecke sind in grün, gelb oder rot markiert, die Teile eben, bei denen Verkehrsinformationen vorliegen. Besonders schön kann man das sehen, wenn man sich mehrere Alternativrouten zeigen lässt.
Woher genau diese Informationen stammen, habe ich in keiner Quelle gefunden, wahrscheinlich ist aber, dass ausschließlich die Daten der Google-Navigation-Nutzer herangezogen werden, ähnlich wie etwa bei waze.
Nicht vorhanden ist jedoch der „Verkehr“-Layer in Google Maps. Das liegt daran, dass die Bewegungsinformationen der Navigationsnutzer nicht ausreichen, um eine halbwegs vollständige Karte der Verkehrsprobleme zusammenzustellen. Google wird diesen Layer erst anbieten, wenn eine Partnerschaft mit Dritten geschlossen ist, über die zusätzliche Informationen hereinkommen. Das soll bis Ende des Jahres verfügbar sein.
Ich bin gespannt, was Google da implementieren wird. Nutzung von TMC- und/oder TMCpro-Daten? Evtl. zusätzlich ein System wie bei TomTom, wo offenbar die anonymisierten Bewegungsdaten aller Vodafone-Nutzer für die bislang unübertroffene Qualität der Daten aus dem HD-Traffic-System sorgen?
Man darf gespannt sein.
Klar ist jedenfalls: Anders als mehrfach kolportiert müssen deutsche Nutzer der Google-Navigation nicht komplett auf Verkehrsinformationen und Stauumfahrung verzichten. Allerdings sind die Daten bislang nicht unbedingt vollständig.

Donnerstag, 17. Februar 2011

Lesenswerte Links: Grundprobleme von Android

Philipp Kandal (CTO von skobbler) schreibt über die Nachteile der Android-Plattform aus Entwicklersicht und behauptet provokant, Android könnte das nächste Symbian werden, wenn Google die Probleme nicht abstellt.
Vielleicht ein wenig übertrieben, aber die Punkte, die Kandal bringt, sind nicht ganz unberechtigt.
Interessant für mich vor allem: Ich dachte immer, hey, fast 60% der Geräte haben schon Froyo, ist doch gar nicht so schlimm mit der Android-Fragmentation. Dass im Vergleich dazu über 90% der iOS-Geräte 4.0+ einsetzen, war mir nicht bewusst. Andererseits ist das nicht nur eine Version, sondern mehrere. Nimmt man als Vergleich Android 2.0+, hinkt Android mit knapp 90% gar nicht so weit hinterher. Wiederum andererseits ist iOS 4.0 nur etwas mehr als ein halbes Jahr alt, Android 2.0 dagegen mehr als ein Jahr. Und gefühlt gab es bei Android mehr API-Änderungen, aber ob das wirklich stimmt, weiß ich nicht.
Weiterhin ist natürlich auch richtig, dass die Android-Fragmentation nur deshalb so „gering“ ausfällt, weil Android letztes Jahr einen massiven Boom erlebt hat und die schiere Anzahl der Neugräte die alten Telefone prozentual natürlich stark überwiegt.
Interessanter Artikel. Zum Lesen wärmstens emfohlen.

Montag, 7. Februar 2011

Tasker: Die eierlegende Wollmilchsau für Android

Bis vor kurzem hatte ich Setting Profiles im Einsatz, um damit automatisch verschiedene Settings bei meinem Nexus One einzustellen. Setting Profiles kann viel, aber es hat ein paar Bugs, die mich teils auch betreffen, und die Entwicklung wurde anscheinend weitgehend eingestellt – die Entwickler antworten im Support-Forum fast überhaupt nicht mehr, und die letzte Beta ist von Anfang Januar.
Also habe ich mich nach Alternativen umgesehen – und Tasker gefunden (7-Tage-Test-Version). Ich hatte schon irgendwann einmal davon gehört, das damals aber nicht groß weitervefolgt. Jetzt habe ich es mir angesehen.
Um es kurz zu machen: Tasker ist der helle Wahnsinn! Es kann schlicht alles. ;-) Also alles, was auf einen ungerooteten Telefon möglich ist, mit entsprechendem Knowhow auch mehr.
Einfach ist es nicht, und für Leute, die wenig Bezug zu Computern und Technik haben, ist Tasker wahrscheinlich beinahe unbenutzbar.
Wer sich aber auskennt, findet mit Tasker das reine Paradies an automatischen Abläufen.
Hier eine kurze Beschreibung dessen, was ich bisher mit Tasker realisiert habe:
  • WLAN ist nur zu Hause an (per Cell IDs im groben Umkreis)
  • Zu bestimmten Zeiten (wochentags und Wochenende unterschiedlich) und wenn ich in der Arbeit bin (wiederum nach Cell IDs) ist der Klingelton leise, um nicht so zu stören.
  • Nachts im Dock ist alles lautlos und außerdem der Flugmodus aktiviert.
  • Unter 30% Akku wird das Display relativ dunkel geschalten
  • Unter 15% geht zudem das WLAN ganz aus
Bis hierher wäre ich auch noch mit Setting Profiles gekommen, und so ähnlich war es auch aufgesetzt. Jetzt zwei coole neue Automatismen, die ich mit Tasker gebaut habe:
  • Ist das Telefon in Benutzung (d.h. wenn das Display an ist), wird die Klingeltonlautstärke ebenfalls heruntergeregelt. Da will ich nicht mit maximaler Lautstärke angebrüllt werden.
  • Wenn eine ungelesene SMS auf mich wartet oder ein Anruf nicht angenommen wurde, wird immer wieder der Benachrichtigungston abgespielt, um mich darauf hinzuweisen – zum ersten Mal nach sieben Minuten, dann 14 Minuten später, dann wiederum 21 Minuten später usw.
Sachen wie der letztere Ablauf sind natürlich nur machbar, weil Tasker auch Variablen bietet und mit ihnen rechnen kann. Das eröffnet ungeheure Möglichkeiten.
Mit diesen paar Szenarien ist Tasker selbstverständlich alles andere als ausgereizt. Eine total unvollständige Liste weiterer Möglichkeiten beinhaltet z.B. das automatische Versenden von SMS, das Starten von Apps oder Scripts, Setzen beliebiger Systemeinstellungen und vieles mehr basierend auf Daten wie Zeit (auch wiederholt all x Minuten zwischen zwei Uhrzeiten), aktuellen Kalendereinträgen (z.B. „Meeting“), Näherungssensor (z. B. zum Stummschalten, wenn das Telefon aufs Gesicht gedreht wird), selbst definierten Variablen oder Systemvariablen, Ort (anhand von Cell IDs, Netzwerkstandort oder GPS), angeschlossenem Ladekabel, Docking State, ungelesener SMS (auf Wunsch mit bestimmtem Inhalt), Anruf (auf Wunsch einer bestimmten Person/von einer bestimmten Nummer) uswusf. Dabei können Profile auch von anderen Profilen aktiv- und ausgeschaltet werden.
Dem fortgeschrittenen User wird auch der Aufruf beliebiger Intents angeboten – so ist es mit entsprechendem Knowhow teils möglich, auch Einstellungen von Custom ROMs zu setzen, die in Standard-Android-Systemen entweder nicht vorhanden sind oder nicht von Drittanbieter-Software gesetzt werden können, und natürlich beliebige Funktionen von Apps zu starten, die als Intent angeboten werden. Dabei können auch Daten aus eigenen Variablen übergeben werden – dem Erfindungsgeist sind kaum Grenzen gesetzt.
Anbieter anderer Software können auch Plugins für Tasker mitbringen; Locale-Plugins funktionieren auch in Tasker. Das scheint allerdings nicht allzu weit verbreitet zu sein; von den bei mir installierten Apps bietet ausschließlich Newsrob ein Plugin. Aber immerhin – es ist möglich.
Ich muss sagen, ich bin restlos begeistert! Ich habe nur einen Tag lang getestet und dann gekauft.
Um es noch einmal zu betonen: Diese App ist für weniger computeraffine Zeitgenossen eher nicht zu empfehlen! Zwar ist sie insgesamt sehr gut dokumentiert, verlangt aber einige Einarbeitung und ein Grundverständnis für prozedurale Abläufe (einfache „Programmierung“); zudem verhindert sie auch schwere Fehlkonfigurationen nicht, die ggfs. zu massivem Akkuverbrauch führen können – die entsprechenden Warnungen in den Hilfetexten und manche Kommentare im Market singen ein Lied davon.
Mit meinen Einstellungen taucht die App in der Liste der Akkuverbraucher jedoch nicht einmal auf.

Fazit: Ein Traum für Geeks, unbedingt sofort testen! Zeitgenossen mit wenig Ahnung von Technik solten aber lieber die Finger davon lassen.

Freitag, 4. Februar 2011

enomther nimmt Auszeit, vielleicht für immer

Ich habe mich schon gewundert, warum es bei „enother's TheOfficial Nexus1“ Custom-ROM seit längerer Zeit keine Updates mehr gab. Jetzt ist es klar:
enomther hat Schwierigkeiten, den enormen Aufwand für die Android-Entwicklung mit seinen Beziehungen und seinem Job unter einen Hut zu bringen – verständlicherweise.
Den kompletten Januar über hat er sich eine Auszeit genommen, jetzt ist er noch am überlegen, ob er einen Weg finden kann, sein „sonstiges Leben“ und Android auf gesunde Weise miteinander zu verbinden. Es ist also noch nicht klar, ob es weiterhin neue Versionen seiner ROMs geben wird.
Einerseits schade; ich habe TheOfficial immer als das beste Custom-ROM für mein Nexus One empfunden.
Andererseits: Soll er mal machen. Das echte Leben da draußen ist eben doch wichtiger als Computer und Gadgets.

Mittwoch, 2. Februar 2011

Dell Streak Test: Abschließendes Fazit

Kommen wir also zum Abschluss der großen Testreihe. Eigentlich hatte ich noch einen Artikel über Root und Custom ROMs auf dem Streak schreiben wollen, dazu hätte ich aber noch eine oder zwei Wochen zusätzliche Zeit gebraucht, die man mir bei Dell nicht gewähren wollte. Somit bleibt es also bei den bisher erschienenen Artikeln.

Im Großen und Ganzen kann man sagen: Das Streak ist ein mehr als nur geniales Smartphone.
Natürlich gibt es einige Negativpunkte, als besonders störend empfinde ich die wenig brauchbare Kamera und die fehlende Suchtaste.
Diese Punkte fallen aber praktisch nicht ins Gewicht, wenn man dagegen die größten Vorteile des Geräts betrachtet:
Das Display hat genau die richtige Größe, damit das Streak noch als Telefon nutzbar ist und trotzdem Tablet-Gefühl vermittelt. Obendrauf gibt es noch eine Akkulaufzeit, die derzeit von wenigen anderen Android-Smartphones erreicht wird – so macht Android Spaß, so soll es sein!

Wäre ich heute auf der Suche nach einem neuen Smartphone, das Streak wäre der klare Favorit. Derzeit gibt es auf dem Markt einfach nichts, was annähernd ähnlich ideal Telefon und Tablet verbindet.
Wer wie ich sein Smartphone vor allem als kleinen Computer nutzt, die Telefonfunktion (auch ohne Headset) aber nicht ganz missen will, für den gibt es momentan nichts Besseres.
Klar, das Gerät ist groß – nichts für die Hosentasche. Wer aber ohnehin immer eine Tasche oder einen Rucksack dabei hat, dürfte damit nicht wirklich Probleme haben.
Ich hoffe sehr, dass sich das 5"-Format auch in Zukunft halten wird, sei es bei Geräten von Dell oder von anderen Herstellern. Es ist einfach die ideale Mischung, besser geht es kaum.
Es juckt mich in den Fingern, mir ein Streak zu besorgen, aber ich habe ja noch mein Nexus One, das mir an sich gute Dienste leistet. Vielleicht finde ich ja zufällig irgendwo ein Angebot, an dem ich nicht vorbei kann …


Update: Ich habe mich letztlich dagegen entschieden, mir ein Streak zuzulegen. Grund ist die Update-Situation. Hardware und Ausstattung gefallen mir immer noch so gut wie im Test beschrieben, aber was will ich mit einem Handy/Tablet, auf dem nur veraltetes Android läuft?
Schon mit dem Release von Froyo Ende letzten Jahres hatte sich Dell nicht mit Ruhm bekleckert, war doch Froyo zum Erscheinungszeitpunkt des Streak schon in den Startlöchern (während das Gerät selbst noch mit Android 1.6 ausgeliefert wurde – satte drei Major-Versionen älter).
Zu einem Update auf Gingerbread hüllt sich Dell in beredtes Schweigen – das wirkt auf mich so, als ob das nicht geplant wäre. Und das Streak ist noch nicht einmal ein Jahr alt!
Zwar gibt es mittlerweile ein Custom ROM mit Gingerbread für das Streak, das scheint aber nicht das stabilste auf der Welt zu sein, wie schon die ROMs älterer Systeme des einzigen Custom-ROM-Entwickers für das Streak. Das ist also ebenfalls keine Option.
Schade. Somit fällt auch Dell aus der Liste der Hardware-Hersteller, von denen ich Geräte kaufen würde.
Ich kann – zähneknirschend, aber doch – damit leben, wenn ein Hersteller mehrere Monate oder gar ein halbes Jahr braucht, um seine Geräte auf den neuesten Android-Stand zu bringen, sofern die Software-Qualität dann auch stimmt. Nicht leben kann ich damit, wenn Geräte nach weniger als einem Jahr aufgegeben werden.
Die angestrebten 18 Monate einiger Hersteller klingen gut – sofern das bedeutet, dass das System, das 18 Monate nach Erscheinen des Telefons aktuell war, noch auf das Telefon portiert wird, auch wenn es dann vielleicht erst nach 24 Monaten fertig ist. Das wäre eine akzeptable Festlegung.
Sony hat Besserung versprochen. Ob Dell nachzieht? Noch sieht es nicht danach aus.


Alle Artikel der Dell-Streak-Testreihe

Dell Streak Test: Kamera

Nun also zur Kamera. Als passionierter Fotograf und Besitzer einer DSLR mit mehreren, guten Objektiven bin ich da recht anspruchsvoll.
Wie erwartet kann leider auch das Streak meinen Anforderungen nicht genügen. Die Qualität der Aufnahmen entspricht in etwa der des Nexus One, ist also nicht so richtig toll.
Es sind recht deutliche Spuren des Rauschunterdrückungsalgorithmus zu sehen, außerdem ist bei großen Helligkeitsunterschieden eine starke Überstrahlung um die hellen Bereiche herum zu verzeichnen.
Außerdem wirken die Farben in vielen Aufnahmen „verbessert“, wie es irreführend oft heißt, bei Außenaufnahmen entstehen teils überzeichnete, unnatürliche Farben („lebendige“ Farben X-/ ). Das gefällt vielen Nutzern, aber wer höhere Ansprüche stellt und die Bilder evtl. nachbearbeiten will, schüttelt nur den Kopf. Das fiel allerdings vor allem bei diesigem Wetter auf; evtl. ist das also nur auf einen schlecht eingeregelten Weißabgleich zurückzuführen.
Die Kamera-Software ähnelt der des Nexus One stark – evtl. steckt sogar in beiden die gleiche Kamera? Die sehr ähnlichen Ergebnisse und die Tatsache, dass die App „Nexus Torch“ zur Ansteuerung der Blitz-LEDs als Taschenlampe benutzt werden kann, könnten darauf hindeuten.

Hier einige Beispielbilder, per Klick in Originalgröße zu sehen. Zur Beurteilung empfehle ich, bei der Betrachtung auf volle Größe zu zoomen, so dass der Browser das Bild nicht auf Fenstergröße herunterrechnet.
Ein typisches Bild, das der Laie auf den ersten Blick vielleicht als „gar nicht so schlecht“ einstufen würde. Aber: So sehen die Pflastersteine nicht wirklich aus. Der verwaschene Eindruck entsteht durch die Rauschunterdrückung samt Nachschärfung, die die Kamerasoftware durchführt. Die hellen Stellen des Schnees sind stark überbelichtet und weisen keinerlei Details mehr auf. Das Rot des Helms leuchtet in Wirklichkeit deutlich weniger.
In dunklerer Umgebung reicht der Blitz nur einen oder maximal zwei Meter weit. Bei größeren Entfernungen wie hier (übrigens bei Tageslicht im Wohnzimmer aufgenommen, es war nicht wirklich dunkel) wird es fast unmöglich, nicht zu verwackeln. Hier sieht man die starke Überstrahlung im Bereich des Fernsehers recht gut. Obwohl es auf dem Bild so aussieht, zeigte der Fernseher zum Zeitpunkt der Aufnahme kein weißes Bild, sondern eine ganz normale Fernsehsendung.
Wie so häufig bei Kameras dieses Kalibers macht es mehr Sinn, sich in Sachen Megapixel ein wenig zu beschränken (siehe dazu auch Der Megapixel-Wahn). Hier zwei Bilder des gleichen Motivs mit fünf Megapixeln und zwei Megapixeln im Vergleich:
5 Megapixel. Das Bild ist nur minimal schärfer, obwohl es über mehr als die doppelte Auflösung verfügt. Deutliche Spuren der Rauschunterdrückung/Schärfung in der kleinen Schrift auf den Flaschen erkennbar.
2 Megapixel. Ein Unterschied ist schon sichtbar, ist aber bei weitem nicht so groß wie er bei der Auflösungsdifferenz sein müsste. Positiv: Auch bei näherem Hinschauen sind keine Artefakte aus der Rauschunterdrückung/Schärfung zu erkennen.
Die 5-Megapixel-Einstellung ist also reine Platzverschwendung. Zwei oder drei Megapixel ergeben schönere Bilder, weil keine Artefakte sichtbar sind, und bieten kaum weniger Information.
Ein Bild mit der Frontkamera. Die nachträgliche Bildschärfung ist an den Kanten sehr deutlich zu erkennen. Diese Qualität finde ich aber ok, für Videotelefonie reicht das allemal, und wer macht schon Fotos mit der Frontkamera?
Achtung, böse Falle: Hat man einmal auf die Frontkamera umgeschaltet, wird beim Zurückschalten nicht die zuvor eingestellte Auflösung gewählt; es bleibt bei VGA (640x480). Erst wenn man in den Einstellungen herunterscrollt (dass das geht ist alles Andere als sofort ersichtlich) und wieder eine höhere Pixelzahl einstellt, macht man wieder „richtige“ Fotos.
Da auf dem Handy-Display kein Unterschied zwischen den Auflösungen ersichtlich ist (erst beim Hineinzoomen), habe ich ahnungslos zig Bilder in 640x480 aufgenommen.
Die Einstellungsmöglichkeiten sind relativ umfangreich. Helligkeit, Kontrast, Bildgröße, Qualität, diverse Szenenmodi (Porträt, Landschaft, Sport, Nachtaufnahme und Schnee), Anti-Banding (was immer das ist) für 50 und 60 Hz, die Einbettung von GPS-Daten, Weißabgleich, Blitz und Digitalzoom sind veränderbar.
Sicher wäre es möglich, mit etwas Feintuning hier bessere Ergebnisse zu erzielen. Wenn ich mein eigenes Streak habe, werde ich bei Gelegenheit damit noch ein wenig herumexperimentieren.
Die Automatik liefert mittelmäßige bis schlechte Bilder auf dem niedrigen Niveau meines Nexus One.

Bei den Videos sieht es ähnlich aus.
Ich habe momentan leider keins zu bieten, auf dem ich nicht erst irgendjemanden herausretuschieren müsste, deshalb kein Link. Ich hätte gern noch eins beigesteuert, muss das Gerät jetzt aber früher zurückschicken als gedacht und habe keine Zeit mehr für weitere Aufnahmen.
Wirklich lohnenswert ist so eine Aufnahme ohnehin nicht. Klar, es genügt für das gelegentliche Partyvideo, aber schon wenn man Erinnerungen an Kinder oder ein gesellschaftliches Ereignis festhalten möchte, nerven das Geruckel und die gelegentlichen Bildfehler. Da ist man mit einer Billig-Cam für um die hundert Euro weit besser bedient, auch wenn natürlich auch die nicht wirklich überzeugen.
Das gilt jedenfalls für Aufnahmen in 720p. In niedrigeren Auflösungen nehmen die Probleme naturgemäß ab, hier sind die Filmchen dann halbwegs brauchbar. Allerdings stelle ich an die Videofunktion auch lange nicht so hohe Ansprüche wie an die Fotos, und ich nutze sie ohnehin kaum.

Fazit: Unbrauchbar wäre übertrieben, aber begeistern kann die Kamera des Dell Streak leider ganz und gar nicht. Damit befindet sie sich allerdings in guter Gesellschaft; bislang habe ich noch von keinem einzigen Android-Handy Bilder gesehen, die auch nur halbwegs tauglich wären – einzig Nokia scheint es hinzubekommen, Handy-Kameras zu verbauen, die man auch wirklich zum Fotografieren nutzen kann. Siehe dazu auch Handy-Kameras: Nokia zeigt, was möglich ist.
Schade, dass auch Dell offenbar wenig wert auf dieses Detail legt: Ich hätte zu gern ein Handy, das mir eine Fotoqualität liefert, die für Schnappschüsse ausreichend ist. Das kann ich leider auch vom Streak nicht behaupten.


Alle Artikel der Dell-Streak-Testreihe