Freitag, 11. September 2009

Vorschlag zur Bücherdigitalisierung

Die Zeit ist reif – dass Bücher im allgemeinen überhaupt nicht digital zu haben sind, ist in der heutigen Zeit eigentlich eine Lächerlichkeit. Besonders verwerflich ist aber, dass Bücher, die von den Verlagen vergriffen gemeldet werden, d.h. nicht mehr gedruckt werden, schlicht verschwinden. Mit Glück kann man gebrauchte Exemplare ergattern, je kleiner aber die ursprüngliche Auflage des Buchs war, desto aussichtsloser dieser Versuch.
Es geht hier nicht um Massenauflagen: Bestseller sind ohnehin schon jetzt in eBook-Form zu bekommen, und ganz ehrlich, wenn sie verschwinden, ist das meist kein großer Verlust für die Menschheit.
Ein Autor aber, der für sein kleines, feines Buch einen Verleger gefunden hat, muss an diesen meist ziemlich umfangreiche Rechte abtreten. Das führt normalerweise dazu, dass er jahrelang keine Handhabe gegen den Verlag hat, wenn dieser beschließt, das Buch aus dem Programm zu nehmen – in den meisten Verträgen werden die exklusiven Verwertungsrechte über einen langen Zeitraum an den Verlag abgetreten. Erst, wenn der Verlag zum Beispiel zehn Jahre lang keinerlei Anstalten gemacht hat, das Buch irgendwie ans Publikum zu bringen, kann der Autor seine Verwertungsrechte zurückfordern.
Das aber wird ihm häufig nichts bringen. Verlage lassen Bücher ja nicht aus Boshaftigkeit auslaufen, sondern weil es sich nicht mehr rechnen würde, das Buch nachzudrucken, weil also nicht mehr mit einem ausreichenden Verkauf zu rechnen ist.
Deshalb wird es auch schwer sein, einen anderen Verlag für den Titel zu finden – es sei denn, man verlegt ihn selbst, was aber kein Zuckerschlecken ist, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Buchhandlungen sind sehr häufig den Selbstverlegern gegenüber nicht sehr aufgeschlossen, außer man schaut selbst vorbei und macht gute Angebote. Das ist aber natürlich höchstens auf regionaler Ebene machbar.
Eine tolle Lösung für Autoren wie Kunden wäre ein großes Online-Portal, wo alles digital zu haben ist, was es gedruckt nicht mehr gibt – natürlich gegen Geld, solange die Werke noch urheberrechtlich geschützt sind. Der einzelne Autor könnte, je nachdem, wieviel er selbst zur Digitalisierung seiner Werke beigetragen hat, den entsprechenden Anteil an den Umsätzen bekommen, entweder direkt oder über einen Schriftstellerverband.
Ein Autor verdient (mit großen Schwankungen nach oben und unten) heute in Deutschland ungefähr 8% des Ladenpreises beim Verkauf eines Buchs; das ist ein Großteil des Gewinns, den der Verlag mit diesem Buch erzielt. Wenn er selbst die Verwertungsrechte für digitale Vermarktung nicht mehr besitzt (was fast immer der Fall sein dürfte), müsste es eine Verpflichtung für Verlage geben, spätestens nach Einstellung des Verkaufs des Titels durch den Verlag eine digitale Version zu publizieren; besser noch von Anfang an. Andernfalls müssen die Rechte an den Autor zurückfallen.
Wenn es dann einfache Möglichkeiten gäbe, über verschiedene (!) Dienstleister eine digitale Version einfach selbst zu publizieren, wäre die ideale Situation geschaffen.
Ich finde Googles Ansinnen grundsätzlich sehr gut, nicht mehr auf dem Markt erhältliche Bücher wieder der Öffentlichkeit zuzuführen. Wichtig ist dabei aber, dass es nicht zu einer Googleschen Monopolstellung kommt, wie es der Vergleich wohl vorsieht, über den jetzt ein US-amerikanisches Gericht zu entscheiden hat.
Vielleicht wäre es ein guter Ansatz, zu diesem Zweck staatliche Lizenzen an einige wenige Unternehmen zu vergeben, die es erlauben, solche Buchdatenbanken zu betreiben. Um das Angebot einheitlich zu halten, müsste es dabei verpflichtend für die Betreiber sein, die Angebote aller anderen Anbieter ebenfalls zu indizieren.
So wäre Offenheit für mehrere Anbieter und Wettberwerb geschaffen, ohne auf eine staatliche Überwachung zu verzichten. Zudem wären (mehrere) zentrale Suchmöglichkeiten für Kunden vorhanden, die aber immer den gesamten erhältlichen Datenbestand auflisteten. Und nicht zuletzt würden die dürftigen europäischen Ansätze zu dem Thema (Europeana) von der viel zu langsamen und massiv unterfinanzierten staatlichen Umsetzung an private Unternehmen übergehen, auch wenn es den Staaten wie auch offiziellen Verbänden wie etwa dem Börsenverein des deutschen Buchhandels weiterhin unbenommen bliebe, selbst ebenfalls solche Angebote zu schaffen.
Die staatliche Kontrolle über dieses sensible Thema bliebe gewahrt (Lizenzentzug möglich) und alle Anbieter wären verpflichtet, ihren Kunden auch das zu zeigen, was die Konkurrenz im Programm hat.
Den Verlagen, die sich digitale Verwertungsrechte gesichert haben, bliebe die Möglichkeit, diese auch zu nutzen. Hinzu käme eine Verpflichtung, dies auch zu tun, andernfalls der Rückfall der Rechte an den Autor. Dem müssten von den lizensierten Buchdatenbankunternehmen verpflichtend einfache Möglichkeiten geboten werden, sein Werk digital zu veröffentlichen. Kümmert er sich nicht darum, sollten die Unternehmen nach einer gewissen Zeit das Recht erhalten, das Werk gegen Zahlung von Tantiemen an Verwertunggesellschaften wie die VG Wort selbst zu verwerten.
Der Urheber muss einer digitalen Verwertung seiner Werke natürlich auch widersprechen können, was er wiederum bei einem der Unternehmen tun könnte, die diese Daten verpflichtend miteinander abgleichen müssten.
So etwas wäre europaweit sicher machbar. Die ganze Welt einzuschließen wäre wohl etwas weit gegriffen, aber ein sinnvolles System in Europa oder sogar in einzelnen Ländern ist immer noch besser als der chaotische Wildwuchs, der in diesem Bereich momentan anzutreffen ist.

Ist diese Idee so abwegig? Einen ähnlichen Vorschlag habe ich in der Diskussion um dieses Thema noch nie gehört. Warum eigentlich?

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