Mittwoch, 18. September 2013

Blog umgezogen

In letzter Zeit habe ich hier nicht mehr viel geschrieben.

Das soll sich wieder ändern – aber an anderer Stelle. Weg von Google, hin zu freien Tools, die zudem auch mehr können.

Neue Posts werden in Zukunft unter https://red.zottel.net/channel/zottelszeug zu finden sein. Irgendwann wird die Domain blog.zottel.net auch einmal dorthin zeigen, aber das könnte noch etwas dauern.

In diesem Sinne: Bye bye, Google! Ich entscheide mich lieber für ein freies Web.

Mittwoch, 8. August 2012

Friendica, das soziale Netzwerk der Zukunft

Update: Mittlerweile bin ich in der Red-Matrix gelandet, dem neuen Projekt des ehemaligen Hauptentwicklers von Friendica, das unten schon angedeutet wurde. Dorthin ist dieses Blog mittlerweile auch umgezogen, neue Posts sind unter https://red.zottel.net/channel/zottelszeug zu finden.

Es wird Zeit. Nachdem ich seit beinahe einem Jahr glücklicher Friendica-Nutzer bin, muss ich endlich darüber schreiben. Und über die Visionen für Friendica Red, das gerade am Entstehen ist.
Aber fangen wir vorne an.

Was ist Friendica?
Friendica ist ein soziales Netzwerk, und zwar ein dezentrales. Das bedeutet, dass es keinen zentralen Anbieter gibt, der alle Daten hortet (wie bei Facebook oder Google+), sondern viele Server, die von Privatpersonen betrieben werden, und die miteinander Daten austauschen.

Ist Friendica das einzige dezentrale soziale Netzwerk?
Nein, aber meiner Meinung nach das vielversprechendste.
Andere Kandidaten sind z.B.:
Diaspora: War ursprünglich der vielversprechendste Kandidat, da es sehr viel mediale Aufmerksamkeit auf sich zog. Mittlerweile verharrt Diaspora aber noch immer im Alpha-Status, viele wichtige Bugs bleiben ungefixt, und die Entwickler haben sich mit http://makr.io ganz anderen Dingen zugewandt (auch wenn es immer wieder heißt, dass die dortigen Erkenntnisse irgendwann evtl. auch für Diaspora nutzbar sein könnten). Die Federation (Austausch von Posts zwischen Servern) funktioniert immer noch nicht einwandfrei (und soll vielleicht irgendwann komplett überarbeitet werden oder auch nicht), eine echte Verteilung der Nutzer auf viele Server existiert praktisch nicht (sehr wenige, sehr große Server, mit riesigem Abstand vor allen anderen joindiaspora.com) – weil es schwierig ist, selbst einen Server aufzusetzen, weil nie offiziell auf andere Server als den zetralen hingewiesen wurde, und weil man als Nutzer eines kleinen „Pods“ Nachteile gegenüber denen auf großen hat (Stichwort Hashtags). Viele Nutzer sind enttäuscht und wechseln zu anderen Netzwerken. Interessant in diesem Zusammenhang sind zum Beispiel https://joindiaspora.com/posts/1799964 (auf die Sprechblase klicken, um die Kommentare zu sehen!) und dieser Thread in der Diaspora-Developer-Group (Hinweis: Maxwell Salzberg ist einer der Hauptentwickler von Diaspora).
Buddycloud: Hat viele interessante Ansätze und ist optisch sehr gut gemacht. Durch die Vielzahl der einzelnen Server-Komponenten ist es aber relativ kompliziert, selbst einen Server aufzusetzen, und wie auch bei Diaspora ist es im Falle von Shared Hosting (man hat nur „Webspace“, keinen kompletten eigenen Server) normalerweise unmöglich. Grundsätzlich aber ein Projekt, das großes Potential besitzt.
Libertree: Neues Projekt von Pistos, der früher ein sehr aktives Mitglied der Diaspora-Community war und einen Pod betrieben hat (der mittlerweile nicht mehr aktualisiert wird). In seiner Art weniger mit Friendica/Diaspora/Facebook/G+ vergleichbar als mit Twitter oder StatusNet, da alle Nachrichten öffentlich sind. Ist noch einer frühen Entwicklungsphase, funktioniert aber schon sehr gut.
… und diverse weitere, die ich unter anderem deshalb nicht aufzähle, weil ich zu wenig über sie weiß.
Am weitesten fortgeschritten ist aber sicher Friendica. Längst aus dem Beta-Stadium heraus hat es schon eine ganze Reihe offizieller Releases gegeben – und es hat den Vorteil, dass es auf vielen Shared Hosts läuft und in etwa so einfach zu installieren ist wie ein Wordpress-Blog.

Was kann Friendica?
Von den unabhängigen, dezentralen Netzwerken ist Friendica derzeit sicher das mächtigste. Die Federation funktioniert sehr zuverlässig. Es gibt Foren/Diskussiongruppen/Seiten (öffentlich und privat), private Nachrichten, Organisation der Kontakte in Gruppen, nicht-öffentliche Posts an Gruppen, Möglichkeit zum Lesen des Streams nach Gruppen und vieles mehr.
Interessant ist auch, dass (abhängig davon, was der Server-Betreiber freigeschalten hat) auch die Möglichkeit besteht, Posts von anderen sozialen Netzwerken zu importieren und dorthin zu schreiben, z. B. Facebook, in Grenzen Google+, Diaspora, StatusNet, Libertree (nur posten), Twitter, sogar E-Mail, RSS-Feeds, Wordpress, Blogger, Insanejournal, LiveJournal und Tumblr. Für Jabber-User ist ein Chat integriert.
Durch die simple Erweiterbarkeit über Plugins sind den Möglichkeiten praktisch keine Grenzen gesetzt.
Das User Interface bietet die Wahl zwischen verschiedenen Themes; neuerdings ist auch ein Mobile Theme für Handys hinzugekommen. Anders als in anderen Netzwerken gibt es neben „Like“ auch „Dislike“, und auch Kommentare können gemocht werden.
Eine Android-App ist noch in Entwicklung, aber bereits gut benutzbar. Grundsätzlich können mobile StatusNet-/Twitter-Clients auch für Friendica benutzt werden, allerdings mit entsprechend eingeschränktem Funktionsumfang.

Wo geht es in Zukunft hin?
Der Hauptentwickler von Friendica, Mike Macgirvin,  hat soeben einen Artikel verfasst, der die Pläne für Friendica Red zusammenfasst. In der Community wird diese neue Version gerne scherzhaft „Fred“ genannt. Ich empfehle dringend die Lektüre dieses Artikels – die Visionen, die Mike dort vorstellt, sind einfach nur genial. Genau das, was ich mir in einem sozialen Netzwerk wünsche.
Ich zweifle nicht daran, dass diese Ziele auch erreicht werden. Mike beweist immer wieder, wieviel Zeit er in Friendica zu investieren bereit ist, und die Fortschritte, die Friendica innerhalb des Jahres gemacht hat, seit ich aktiver User bin, sind schlicht umwerfend.

Welche Nachteile hat Friendica?
Der wichtigste Punkt ist sicher der, der für alle Netzwerke außer Facebook gilt: „Meine Freunde sind nicht da.“
Leider ist es, wie ich selbst erfahren musste, bevor ich Facebook endgültig den Rücken kehrte (und damit viele Kontakte verlor), schwer bis unmöglich, Leute von Facebook loszueisen. Alles schimpft und ärgert sich, aber gehen will trotzdem keiner – für mich schwer verständlich.
Ich hoffe, dass die Leute irgendwann aufwachen und die immer dreisteren Zumutungen dieses Netzwerks nicht mehr hinnehmen (und Google+ ist da natürlich nur marginal besser). Dann ist Friendica da. Und Friendica kann den Übergang erleichtern, indem es möglich ist, über Friendica auch die alten Facebook-Kontakte weiterhin zu pflegen.
Manche Leute (speziell Diaspora-User) werfen Friendica vor, einfach nicht schön/attraktiv genug zu sein. Ich kann das nicht nachvollziehen, auch wenn es natürlich bessere User Interfaces auf dem Markt gibt (speziell Google+, wie ich neidlos anerkennen muss). Früher traf dieser Vorwurf durchaus zu; mit neuen Themes wie Diabook und Dispy sind diese Zeiten jedoch vorbei.
Und: Wer es gewohnt ist, Einladungen und Treffen über Facebook abzuwickeln, wird in Friendica derzeit noch enttäuscht. Termine können zwar angelegt, verschickt und kommentiert werden; eine Möglichkeit, außer per Kommentar zu- oder abzusagen gibt es derzeit aber noch nicht.

Wo gibt es mehr Informationen zu Friendica?
Die wichtigste Informationsquelle ist sicher http://friendica.com, die offizielle Infoseite zu Friendica. Ein deutsches Wiki gibt es hier.
Friendica Support ist selbst ein Friendica-Forum (Facebook-User würden so ein Forum eine „Seite“ nennen). Um dort Fragen zu stellen, braucht man allerdings einen Friendica-Account.
Eine Google Group zu Friendica existiert ebenfalls; die meiste Diskussion findet allerdings inzwischen in Friendica selbst statt.
Ich selbst beantworte auch gern Fragen, die mir per E-Mail gestellt werden (siehe Kontakt-Link rechts oben). Da ich nicht alle Zeit der Welt habe, kann so eine Antwort aber eine Weile dauern. ;-)

Wo kann ich Friendica testen?
Zu diesem Zweck existieren spezielle Testserver,  z. B. https://tryfriendica.de und http://tryfriendica.net. Auf diesen Servern wird der eingerichtete Account automatisch nach einigen Tagen gelöscht – inklusive aller Spuren, die er im Friendica-Netzwerk hinterlassen hat.
Wenn es dir gefällt und du sowieso schon einen eigenen Web-Auftritt hast, richte dir am besten einen eigenen Server ein! Es ist wirklich nicht schwierig, und in der Friendica-Community gibt es viele, die gerne helfen, sollte etwas schieflaufen.
Wenn du glaubst, dass du das nicht kannst, kannst du auch auf einen der öffentlichen Server zurückgreifen. Eine Liste der öffentlichen Server gibt es hier.
Ich selbst betreibe einen nicht-öffentlichen Server unter https://friendika.zottel.net. Er ist nur für Freunde und Familie gedacht. Wenn ich dich kenne, darfst du dich gern dort registrieren.

Fazit
Friendica ist derzeit der vielversprechendste „Gegenspieler“ von Facebook. Es ist alles da, was man für ein soziales Netzwerk braucht, und über die Anbindung anderer sozialer Netzwerke ist es sogar möglich, mit den alten Kontakten verbunden zu bleiben.
Die Pläne für Fred sind schlicht begeisternd und stellen genau das dar, was ich mir in Zukunft von sozialen Netzwerken erhoffe.

Donnerstag, 13. Oktober 2011

Elektroautos und ihre Batterien

Man liest es immer wieder: Die Akkus sind die Achillesferse aller aktuellen Elektroautos.
Sie sind schwer, nehmen Platz weg, und vor allem: Sie sind sehr, sehr teuer. Bei vielen Elektroautos ist die Batterie für mindestens ein Drittel des Kaufpreises verantwortlich, teils ist es sogar die Hälfte.
In diesem Artikel soll es um verschiedene Batterietechnologien und ihre Vor- und Nachteile gehen, außerdem um Finanzierungskonzepte, die die Autohersteller ersonnen haben.

Grundwissen
Hier zunächst einige wichtige Fachbegriffe und Grundlagen rund um das Thema Akkumulatoren:
Die Energiedichte beschreibt, wie viel Kapazität pro Masse in einem Akku untergebracht werden kann. Sie gibt also einen Vergleichwert an, der besagt, wie schwer Akkus bei gleicher Kapazität sind.
Unter Leistungsdichte versteht man die Energie, die pro kg Batteriegewicht gleichzeitig abgerufen werden kann. Starke Elektromotoren benötigen beim Beschleunigen recht viel Energie auf einmal, was bei älteren Akkutypen dazu führt, dass mehr Akkus eingebaut werden müssen, um sie beim Beschleunigen nicht zu überlasten.
Zu beachten ist, dass manche Batterietypen bei starker Beanspruchung unerwünscht reagieren: Der Innenwiderstand des Akkus erhöht sich. Dadurch wird die Batterie noch heißer, als sie bei der hohen Leistungsabgabe ohnehin schon würde, und der Energieverlust erhöht sich, d. h. die Batterie kann weniger von ihrer eigentlichen Kapazität an den Motor abgeben, die Reichweite verringert sich.
Ladezyklen sind die Anzahl der kompletten Ladungen (von komplett leer auf ganz voll), die bei einem Akku durchgeführt werden können, bis seine Kapazität auf einen bestimmten Wert abgesunken ist. Sie beschreiben also (zum Teil) die zu erwartende Lebensdauer des Akkus.
Leider ist der Bezugswert nicht immer einheitlich; teils wird von 75% der ursprünglichen Kapazität ausgegangen, teils von 80%. Der 80%-Wert scheint weiter verbreitet zu sein; häufig fehlt aber jegliche Angabe, auf was sich die Ladezyklen eigentlich beziehen.
Dabei ist zu beachten, dass ein Ladezyklus eine komplette Ladung beschreibt. Wird die Batterie also an einem Tag zur Hälfte leergefahren, dann wieder aufgeladen, und am nächsten Tag wieder, dann entspricht das insgesamt einem Ladezyklus, nicht zweien. Es geht nicht um die Frage „Wie oft kann ich den Akku ans Ladegerät hängen?“, sondern um die Frage „Wie oft kann der Akku komplett geladen werden?“
Da heutige Batteriekonzepte nicht mehr mit dem Memory-Effekt zu kämpfen haben, ist es auch kein Problem, die Batterien immer wieder nur zum Teil aufzuladen.
Hier eine Beispielrechnung dazu, was Ladezyklen in der Praxis bedeuten (ohne Berücksichtigung der zyklenunabhängigen Alterung, siehe weiter unten):
Angenommen, mein Elektroauto hat mit der eingebauten Batterie eine (tatsächliche) Reichweite von etwa 80 km. Ich fahre täglich damit zur Arbeit, hin und zurück insgesamt 40 km. Wenn ich nicht arbeite, nutze ich das Auto nur wenig. Die Batterie soll laut Herstellerangabe 1000 Ladezyklen überstehen, bevor sie unter eine Kapazität von 80% fällt.
Das bedeutet: Pro Arbeitstag fällt etwa ein halber Ladezyklus an. Bei einer Fünf-Tage-Woche, 30 Tagen Urlaub im Jahr, Feiertage weggerechnet, bleiben etwa 220-225 Tage, an denen tatsächlich gearbeitet wird – und da sind Krankheitstage noch nicht mitgerechnet. Runden wir das trotzdem auf 240 auf, um die (geringe) Nutzung an Nicht-Arbeitstagen mit einzubeziehen.
Damit ergeben sich 120 Ladezyklen im Jahr, die theoretische Lebensdauer der Batterie würde also bei über acht Jahren (mehr als 70.000 km) liegen. Um auf der sicheren Seite zu sein (auch weil die Reichweite im Winter mit Heizung sicher geringer ist und am Tag mehr als ein halber Ladezyklus anfällt), reduzieren wir unsere Erwartung auf fünf Jahre. Das entspricht bei dieser Rechnung dann 48.000 km.
Kaputt ist die Batterie dann aber keineswegs, die Kapazität hat sich lediglich auf 80% reduziert. Sofern mir die reduzierte Reichweite genügt (auch im Winter mit Heizung), kann ich noch eine ganze Weile mit der gleichen Batterie weiterfahren.
Zu beachten ist dabei aber weiterhin, dass Batterien auch ohne Nutzung altern und mit der Zeit an Kapazität verlieren. Momentan kann man wohl davon ausgehen, dass mit mindestens 3-5 Jahren Nutzungsdauer gerechnet werden kann.
Bei diversen Batterietypen ist es wichtig, dass sie niemals tiefentladen und/oder überladen werden, da sie sonst kaputtgehen oder im Extremfall sogar explodieren/verbrennen würden. Entsprechend verfügen Elektroautos normalerweise über eine Lade-/Entladeelektronik, die den Ladezustand ständig überwacht und unerwünschte Situationen vermeidet.

Blei-Akkus
Prinzipiell entspricht dieser Batterietyp der Starterbatterie eines Autos, auch wenn es hier sehr unterschiedliche Ausführungen auf dem Markt gibt.
Starterbatterien selbst sind als Antriebsbatterien nicht geeignet, da sie meist nur bis zu 50 Ladezyklen überstehen, bis die Kapazität unter 75% abgesunken ist.
Verschiedene Hersteller bieten daher sogenannte Traktionsbatterien an, die länger halten. Trotzdem werden selten mehr als 500 Ladezyklen geboten, teils ist schon nach 300 Ladezyklen Schluss.
Blei-Akkus finden sich vor allem in sehr günstigen Elektroautos kleiner Hersteller.
Sie haben einige gravierende Nachteile, speziell ihre vergleichsweise niedrige Energiedichte von etwa 30 Wh/kg: Sie sind also sehr schwer.
Außerdem bedeutet die geringe Anzahl der Ladezyklen, dass die Batterien recht schnell ausgetauscht werden müssen.
Zum Verhalten bei niedrigen Temperaturen habe ich wenig gefunden. Grundsätzlich lassen sich Bleiakkus wohl zwischen -10 °C und 60 °C betreiben, allerdings scheint die Kapazität bei niedrigen Temperaturen auch abzusinken.
Im Gegensatz zu Lithium-Akkus werden Blei-Akkus schon heute fast vollständig recycelt (für Lithium-Akkus ist das bislang nur geplant).
Aber immerhin: Sie sind wesentlich günstiger als ihre Pendants mit Lithium, der Einstiegspreis in die Elektromobilität kann dadurch wesentlich geringer gehalten werden. Durch ihre negativen Auswirkungen auf das Gewicht (und somit auf den Verbrauch) und die geringe Lebensdauer sind sie in der Gesamtbetrachtung aber nicht wirklich günstiger.

Lithium-Ionen-Akkus
Lithium-Ionen-Akkus gibt es in verschiedenen Formen, die Zum Teil deutlich unterschiedliche Eigenschaften aufweisen. Leider sind die Angaben zu neuen Elektroautos an dieser Stelle oft nicht sehr aussagekräftig, wie überhaupt die Batterie als eines der eigentlich wichtigsten Elemente des Elektroautos kaum erwähnt und näher beschrieben wird.
Allgemein bestechen Lithium-Ionen-Akkus mit einer sehr hohen Energiedichte, die je nach Bauform bei etwa  95-190 Wh/kg liegt (die höchsten Energiedichten sind bei Lithium-Polymer-Akkus zu finden) – mithin sind sie mindestens dreimal so leicht wie Blei-Akkus, meist noch deutlich leichter. Auch in der Leistungsdichte liegen Lithium-Ionen-Akkus mit 300-1500 W/kg besser als Blei-Akkus.
Lithium-Ionen-Akkus können ein Sicherheitsrisiko darstellen: Überladung und zu starke Beanspruchung des Akkus können zu Überhitzung und im Extremfall zum Brand des Akkus führen. Das wird im Normalbetrieb durch die Elektronik verhindert.
Durch mechanische Beschädigungen an den Batterien bei einem Unfall kann es aber etwa zu einem Kurzschluss innerhalb der Batterie kommen, die dann überhitzen und Feuer fangen kann. Lithium-Brände können nicht mit Wasser gelöscht werden, werden von Wasser sogar angefacht!
Es gibt Neuentwicklungen, die dieses Verhalten durch verschiedenen Maßnahmen verhindern können. Da sich die Hersteller über Machart und Herkunft Ihrer Akkumulatoren aber meist ausschweigen, ist ohne dedizierte Nachfrage kaum festzustellen, inwiefern die Batterien über solche Techniken verfügen oder nicht.
Bei klassischen Lithium-Ionen-Akkus sinkt die abgebbare Leistung mit der Temperatur teils drastisch. Als Betriebstemperaturen sind oft Werte von 0-40 °C angegeben. Optimal sind etwa 18-25 °C.
Lithium-Ionen-Akkus sind deshalb in Elektroautos zuweilen mit Heizung und/oder Kühlung versehen, um bei jedem Wetter und jeder Belastung sicheren und möglichst optimalen Betrieb gewährleisten zu können.
Mit speziellen Elektrolyten ist aber auch der Betrieb bei weit niedrigeren Temperaturen möglich.
Grundsätzlich wäre bei klassischen Lithiumbatterien (Lithium-Cobalt) mit etwa 500 Ladezyklen zu rechnen, bis nur noch 80% der ursprünglichen Kapazität zur Verfügung stehen. Das gilt aber nur, wenn man die Entladeströme auf 0,2 C beschränkt, was im Elektroauto nicht realistisch ist. Indem von der Elektronik aber nicht die volle Kapazität genutzt wird, sondern zum Beispiel nur bis zu einem Stand von 30% der Kapazität entladen und bis 80% der Kapazität geladen wird, lässt sich die Anzahl der Ladezyklen stark erhöhen.
Lithium-Polymer-Akkus zeichnen sich vor allem durch eine nochmals höhere Energiedichte aus. Typische Werte liegen heute jenseits der 140 Wh/kg.
Lithium-Eisen-Phosphat-Akkus sind für den Einsatz im Elektroauto beinahe ideal: Sie sind deutlich temperaturstabiler und sind herstellerseitig z.B. mit Betriebstemperaturen von -20 - +45 °C (mia) angegeben und somit wintertauglich. Einziger Nachteil: Ihre Energiedichte reicht mit 100-120 Wh/kg nicht an das heran, was mit anderen Lithium-Akkus möglich ist, ist aber natürlich trotzdem im sehr guten Bereich anzusiedeln.
Sie können sehr höhe Ströme liefern (viel höher als für den normalen Betrieb eines Elektroautos notwendig) und auch mit sehr hohen Strömen geladen werden – theoretisch wäre eine komplette Ladung in 15 Minuten problemlos möglich.
So hohe Beanspruchung wirkt sich aber natürlich auch nachteilig auf die Lebensdauer des Akkus aus. Würde er nur mit 1 C entladen und geladen, wäre selbst nach 4000 Ladezyklen kaum eine Änderung der Kapazität zu erwarten, selbst bei vollständiger Entladung (die einen klassischen Lithium-Ionen-Akku schnell zerstören würde) mit 10 C ist noch mit 1000 Zyklen zu rechnen (Quelle: Wikipedia).
Die Praxis liegt dazwischen: Nehmen wir das Beispiel der mia von mia electric, die (ja, die) nächstes Jahr auf den Markt kommen soll: Sie verfügt (in der Basisversion) über eine Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie mit einer Kapazität von 8 kWh. Eine volle Ladung soll 3,5 h dauern, geladen wird also nur mit 1/3,5 C = knapp 0,29 C. Der Motor hat eine Leistung von 18 kW (laut Presse, in der Bedienungsanleitung werden 10 kW angegeben, was ich angesichts der Fahrleistungen aber für unwahrscheinlich halte). Bei Beschleunigen werden dem Akku also mehr als 2 C abverlangt – nicht 1 C also, aber auch weit entfernt von 10 C.
Vermutlich wird man an diesen Batterien mindestens 3000 Ladezyklen lang seine Freude haben. In der Praxis wird das von der konkreten Beanspruchung abhängig sein, und auch die Ladezyklen-unabhängige Alterung der Batterie spielt dann natürlich mit hinein.

Zukunftsmusik
Natürlich ist die Batterie-Entwicklung noch lange nicht an ihrem Ende angelangt. Lithium-Luft-Akkumulatoren etwa versprechen extreme Energiedichten (ein mehrfaches der aktuell besten Lithium-Akkus!), sind aber momentan noch nicht serienreif.
Ich vermute, dass auch manch großer Autohersteller in seinen Entwicklungslaboren sein eigenes Süppchen kocht – schon heute lässt die allgemeine Bezeichnung „Lithium-Ionen-Akku“ nur vermuten, was genau in den Fahrzeugen verbaut ist.
In den nächsten Jahren ist mit Sicherheit mit einer weiteren Verbesserung der Energiedichte, vor allem aber auch mit einer deutlichen Verringerung der Preise zu rechnen.

Finanzierung
Wie schon angemerkt ist die Batterie meist das mit Abstand teuerste Einzelteil in einem Elektroauto. Einige Autohersteller – zum Beispiel Renault und Mercedes – wollen daher ihre Autos ohne Batterie verkaufen. Der Anschaffungspreis des Elektroautos selbst wird dadurch wesentlich attraktiver. Die Batterien müssen dann gemietet/geleast werden. Renault gibt, je nach Größe der Batterie, momentan Preise zwischen € 50,– und € 82,– monatlich an – allerdings bei lediglich 10.000 km/Jahr, was für mich beispielsweise zu wenig wäre. Dafür hat man garantiert immer eine Batterie mit mindestens 75% der ursprünglichen Kapazität im Auto.
Größere Kilometerpakete werden natürlich auch erhältlich sein, Renault gibt dazu momentan auf der Website aber keine Preise an.
Für mich wäre das ein sehr interessantes Angebot. Es reduziert den Anschaffungspreis und gibt beim Unsicherheitsfaktor Akku Sicherheit. Bei Vergleichsrechnungen mit Verbrennern kann man diesen Wert gewissermaßen als „Verbrauch“ mit ansetzen, ohne zu sehr ins Blaue spekulieren zu müssen. (Wichtig dann natürlich, die Inspektionen und Verschleißteile beim Verbrenner ebenso mitzurechnen, was nicht ganz einfach ist. Darauf werde ich in einem späteren Post noch kommen.)

Fazit
Die Batterien sind nicht nur eine der größten Schwierigkeiten bei der Entwicklung von Elektrofahrzeugen und ein großer Preisfaktor – für mich stellen sie auch das größte Fragezeichen beim Kauf eines Elektroautos dar.
Unverständlicherweise geben die meisten Hersteller kaum Daten zu ihren Batterien an und lassen den Kunden so im Ungewissen, zumindest die Hersteller von den interessanten Fahrzeugen, die erst nächstes Jahr erscheinen sollen.
Teils fehlen sämtliche Angaben, oder es ist nicht einmal eine Kapazität angegeben. Die Anzahl der Ladezyklen gibt praktisch niemand an.
Ich verstehe schon, dass das natürlich auch für die Hersteller problematisch ist. Schließlich gibt es noch keine richtigen Vergleichswerte aus dem massenhaften Einsatz solcher Fahrzeuge, und wie soll man die Lebensdauer sinnvoll angeben, wenn sowohl viele Ladungen als auch schlichtes Alter eine Rolle spielen?
mia electrics zum Beispiel gibt drei Jahre oder 50.000 km Garantie auf die Batterie, sagt aber nirgends, was „Garantie“ eigentlich heißt: Ersatz nur, wenn gar nichts mehr geht oder auch wenn die Kapazität unter 80% sinkt?
Und überhaupt, was sind schon drei Jahre? Ich hätte schon gerne die Sicherheit, dass ich innerhalb der nächsten fünf Jahre nach Kauf eines Neuwagens nicht plötzlich über € 5.000,– investieren muss, um weiterhin die 40 km zur Arbeit bewältigen zu können – auch im Winter mit zwei Mitfahrern.
Und selbstverständlich bleibt bei mia (wie auch bei den meisten anderen) völlig unklar, was der Ersatz der Batterie überhaupt kosten würde.
Das gefällt mir gar nicht – wahrscheinlich deutlich mehr als ein Viertel des Wagenwertes ist ein Verschleißteil, und keiner sagt mir, wie lange es halten wird.
Deshalb finde ich die Miet-/Leasingmodelle so attraktiv. Natürlich müsste man sich die Konditionen sehr genau durchlesen, um herauszufinden, ob man damit nicht noch mehr über den Tisch gezogen wird – zum Beispiel bei vorzeitiger Kündigung wegen Fahrzeugverkaufs oder bei den Bedingungen zum tatsächlichen Austausch der Batterie.
Wenn die Konditionen in Ordnung sind, wäre das aber ein Modell, mit dem ich mich sehr gut anfreunden könnte.

Mittwoch, 12. Oktober 2011

Ist ein Elektroauto wirklich umweltfreundlich?

In letzter Zeit habe ich begonnen, mich intensiver mit dem Thema Elektromobilität zu beschäftigen. Grund: Ich hätte gern selbst ein Elektroauto. Sofern es einige grundsätzliche Voraussetzungen erfüllt. Und das ist gar nicht so einfach.
Als ersten Post zum Thema (es wird davon in naher Zukunft vermutlich weitere geben) hier ein Überblick zu einer der wichtigsten Fragen:

Ist ein Elektroauto überhaupt umweltfreundlich?
Das ist die große Frage, die sich mir als erstes stellte: Schließlich kommt der Strom zum Teil aus konventionellen Kraftwerken, die ja auch CO2 und andere Schadstoffe ausstoßen. All die folgenden Zahlen beziehen sich natürlich auf das konventionelle Strom-Mix. Mit Ökostrom liegt man immer weit besser als jeder Verbrenner oder Vollhybrid (siehe auch Fazit unten).
Hier gibt es eine aussagekräftige Übersicht zum Kohlendioxid-Ausstoß von Elektrofahrzeugen. Die Behauptung, dass heute erhältliche Elektroautos (die nicht gerade Sportwagen sind) zwischen 10 und 20 kWh auf 100km verbrauchen, ist korrekt, meist liegen sie sogar unter 15 kWh/100 km – zumindest bei den Klein- und Kleinstwagen, für die ich mich interessiere. Gerade bei den neuesten Modellen sind häufig sogar Verbräuche von unter 9 kWh/100 km nach NEFZ angegeben. Bei den meisten (wenn auch nicht allen) Herstellern hat es sich eingebürgert, den Verbrauch „ab Steckdose“ anzugeben, so dass Verluste durch die Akkus bereits inbegriffen sind.
Insofern kann man folgern, dass aktuelle Elektroautos im Strom-Mix in Sachen Kohlendioxid günstiger liegen als ein Toyota Prius.
Etwas vorsichtig muss man die Zahlen aber schon betrachten, denn sie beziehen sich auf das Jahr 2007. Damals gab es einerseits keinen Atomausstieg, andererseits aber auch einen wesentlich geringeren Anteil der erneuerbaren Energien am Strom-Mix. Tatsächlich hat sich der Kohlendioxid-Ausstoß im deutschen Strom-Mix von 605 g pro Kilowattstunde 2007 auf 563 g (erste Schätzung für 2010) reduziert (Quelle), der korrekte Wert läge also ein kleines Stückchen links vom hellblauen Balken, der für den Strom-Mix steht. Angesichts des Atomausstiegs wird der Wert aber vmtl. in den nächsten Jahren zunächst wieder ansteigen.
Außerdem hat der aktuelle Prius einen Kohlendioxidausstoß von unter 100 g, so dass reine Elektroautos mit einem Stromverbrauch von 20 kWh/100 km im Strom-Mix sogar schlechter abschneiden als dieses Hybridfahrzeug.
Meinen Diesel-Smart habe ich damals mit durchschnittlich 3,8 l/100 km gefahren, was knapp 100 g CO2/km entspricht, meinen Diesel-Polo mit 4,34 l/100 km, also etwa 114 g/km. Zumindest der Wert des Smart wird nicht von jedem Elektromobil unterboten, das sollte man bedenken.
Beim ADAC gibt es einen Vergleich zwischen E-Smart, Benziner und Diesel. Die Elektroversion schneidet im tatsächlichen Strom-Mix am besten ab, mit Steinkohle alleine wäre sogar der Benziner umweltfreundlicher (wenn man ausschließlich das Kohlendioxid betrachtet). Zu beachten: Der ADAC hat den durchschnittlichen Ausstoß pro kWh im Strom-Mix extrem hoch angesetzt (590 g/kWh), der E-Smart schneidet mit korrekten Werten eigentlich besser ab (68 g/km). Vmtl. wird der Wert von 12 kWh/100 km nach NEFZ ebenso unrealistisch sein wie die 3,3 l/100 km, von denen als Dieselverbrauch ausgegangen wird. Immerhin wurden aber beide nach der gleichen Methode erhoben.

Kritiker rechnen aber ganz anders: Sie gehen davon aus, dass Elektroautos zu zusätzlicher Stromnachfrage führen werden, die es unmöglich mache, die Dreckschleudern unter den Kraftwerken abzuschalten.
Insofern müsse für Elektroautos die schmutzigste Variante angenommen werden, weil eben die schmutzigsten Kraftwerke sonst früher abgeschaltet werden könnten – also Stromerzeugung mittels Braunkohle als Vergleichswert.
Ich halte diese Argumentation nicht für realistisch. Die Erfahrung zeigt, dass Kraftwerke mitnichten abgeschaltet werden, wenn Deutschland den Strom nicht benötigt – schließlich hat Deutschland immer Strom in großen Mengen exportiert. Das passiert nur, wenn sie unrentabel werden oder nicht mehr den gesetzlichen Emissionsvorschriften entsprechen und eine Umrüstung zu teuer käme (was wiederum nichts anderes als „unrentabel“ bedeutet).
Theoretisch könnte die Politik versucht sein, die Vorschriften wegen hoher Stromnachfrage weniger schnell zu verschärfen. Ich bezweifle aber, dass das so viel ausmacht, dass ein Ansetzen von Elektroautos mit Braunkohlewerten gerechtfertigt ist.
An einem anderen Punkt werden aber ein Stück weit Äpfel mit Birnen verglichen: Die Leistung aktueller Verbrennungsmotoren ist weit höher als die der Elektromotoren, mit denen sie hier verglichen werden. Häufig sind aktuelle (kleine) E-Autos mit einer Motorleistung von weniger als 20 kW (27,2 PS) ausgestattet, während Verbrennungsmotoren kaum noch unter 50 kW (68 PS) zu haben sind.
Andererseits sind auch die Fahrleistungen von Elektromotoren von ganz anderem Kaliber, speziell das Drehmoment ist sehr hoch und steht quasi ab 0 U/min zur Verfügung. Um eine gute Beschleunigung zu erreichen genügt beim Elektromotor also eine deutlich geringere Leistung. Trotzdem ist die Endgeschwindigkeit des Fahrzeugs mit dem stärkeren Verbrenner natürlich höher.
Natürlich muss man aber auch sagen, dass, ähnlich wie beim Verbrennungsmotor, höhere Leistung nicht direkt mit höherem Verbrauch gleichzusetzen ist. Bei konstant 50 km/h wird sich der Verbrauch eines 70-kW-Elektromotors kaum von dem eines Motors mit 18 kW unterscheiden.
Der hauptsächliche Unterschied liegt in der Verführung zu schnellerer Gangart und häufiger Nutzung der Bremse, statt die Motorbremse zu nutzen, die mittels Rekuperation wieder Strom in die Batterie zurückspeisen würde. Und natürlich in höheren Anforderungen an die Batterien, die größere Ströme liefern müssen und ggfs. stärker gekühlt werden müssen und/oder mehr Gewicht mitbringen.
So ist auch 56-kW-Motor des Opel Ampera mit einem Verbrauch von lediglich 12,2-14,08 kWh/100 km angegeben. (Er soll mit den 11 kWh Kapazität seiner Batterie ohne Nutzung des Range Extenders „bis zu“ 90 km weit kommen, was 12,2 kWh/100 km entsprechen würde; andererseits ist „für die ersten 100 km“ ein Verbrauch von 1,6 l/100 km als Benzinäquivalent angegeben, was 14,08 kWh/100 km entsprechen würde.)

Fraglich ist weiterhin, wie die Umweltbilanz der Elektroauto-Produktion aussieht, speziell natürlich bei den Akkus. Dazu habe ich nirgends wirklich belastbare Aussagen finden können.
Die Metallgewinnung für die verschiedenen Zelltypen ist sicher nicht unproblematisch, auch wenn Lithium-Batterien im Gegensatz zu den älteren nickel- und teilweise gar cadmiumhaltigen Vertretern nur relativ wenig giftige Inhaltsstoffe mitbringen.
Der gesamte Aufbau des Antriebsstrangs eines Elektroautos ist wesentlich unkomplizierter als beim Verbrenner, was die Produktion deutlich verschlankt und zu wesentlich geringerem Wartungsaufwand (inkl. Sondermüll z. B. durch Wegfall des Motoröls etc.) führt.
Schlicht ins Blaue vermutet ist meine Arbeitshypothese, dass sich im Gesamtbild keine großen Unterschiede in der Umweltbilanz der Fahrzeugproduktion und -wartung ergeben. Wenn jemand Fakten dazu hat, nehme ich sie gerne.
Interessant wäre außerdem, wie es bei anderen Umweltgiften aussieht – CO2 ist schließlich nicht alles.
Meine (ebenfalls nicht durch Fakten untermauerte) Vermutung ist, dass das Elektroauto im deutschen Strom-Mix hier besser abschneidet als klassische Fahrzeuge. Das gilt sicher nicht, wenn man den Autostrom ausschließlich aus Braunkohlekraftwerken bezieht, aber ganz bestimmt für Erdgaskraftwerke und möglicherweise für moderne Steinkohlekraftwerke. Was Atomkraftwerke betrifft, könnte man natürlich argumentieren, dass der übrig bleibende Müll schlimmer ist als alles, was fossile Energieerzeugung hervorbringen kann. Das hängt dann von der persönlichen Bewertung ab.

Fazit
Insgesamt kann man davon ausgehen, dass ein Elektroauto vom Umweltaspekt her Vorteile gegenüber einem Verbrennungsmotor hat. Der Unterschied ist aber nicht so groß, wie man aus dem Bauch heraus vermuten würde.
Gerade vollhybride Antriebskonzepte stoßen schon heute in ähnliche Regionen der Effizienz vor, wenn auch ein gewisser Abstand durchaus noch zu verzeichnen ist. Allerdings haben wir oben auch eine Familien-Limousine (Prius) mit Kleinstwagen verglichen. Ein kleiner, relativ leichter Diesel-Vollhybrid könnte durchaus in der Lage sein, Elektroautos im deutschen Strom-Mix den Rang abzulaufen. Vmtl. wäre das aber noch teurer als aktuelle Elektroautos.
Allerdings bleibt dem E-Auto-Nutzer natürlich immer die Option, Ökostrom zu beziehen. Der ist zwar auch nicht ohne Kohlendioxid-Ausstoß zu erzeugen, die Werte liegen aber um den Faktor 10 bis 20 unter denen des aktuellen Strom-Mixes (Quelle) und damit jenseits von allem, was mit Verbrennungsmotoren zu erreichen ist.

Mittwoch, 13. Juli 2011

Google+: Ordnung in die Kreise bringen

Nachdem mein Google+-Stream langsam unübersichtlich geworden ist, habe ich mir eine Ordnung für die Kreise überlegt, die Sinn macht und gut zu benutzen ist.

Grundlagen:
  1. Unterschiedliche Kreise zur allgemeinen Gruppierung, zum Lesen des Streams und zum Posten
  2. Buchstaben am Beginn der Kreisnamen zur Sortierung
    Update: Mittlerweile ist es glücklicherweise möglich, die Kreise manuell umzusortieren. Für die Android-App macht es aber immer noch Sinn, die Buchstaben zu haben, weil dort weiterhin alphabetisch sortiert wird. (Wie das am iPhone aussieht, weiß ich nicht.)
  3. Eigene Methode zum Umgang mit unbekannten Leuten, die mit einem teilen.

Lesekreise
Mein Stream ist zu groß geworden, es passiert zu schnell zu viel. Weniger, weil alle paar Sekunden ein neuer Post reinkäme, oder so (so schlimm ist es noch nicht), aber weil es einfach zu viel Zeit verschlingt, sich um alles zu kümmern, was via Google+ so reinkommt.
Also muss eine Priorisierung her – Circles, die ausdrücken, wie wichtig es mir ist, dass ich die Beiträge der betreffenden Person wirklich mitbekomme.
Dazu gibt es jetzt „A – Freunde“, „B – Familie“ (leider noch kaum gefüllt), „C – Bekannte“, „D – Kollegen“, „E – Rest“, „Y – Wenn Zeit ist“ und „Z – Berufliche Kontakte“ (derzeit leer und deshalb am Schluss). Dazu noch „X – Neu“, da komme ich später noch drauf.
A-D dürften klar sein. „Rest“ sind Leute, die ich nicht näher kenne, denen ich aber folge. Daraus ausgemustert habe ich außerdem Leute, die sehr viel posten (auch wenn es interessant sein mag). Ein Blick auf den „Rest“ soll jederzeit mal zwischendurch möglich sein, ohne dass ich gleich wieder eine halbe Stunde am Rumlesen bin.
Diese Leute sind in „Y – Wenn Zeit ist“ gelandet. Diesen Kreis lese ich nur, wenn ich gerade wirklich Zeit dazu habe. Wenn ich da mal ein paar Posts nicht mitbekomme, ist das nicht so schlimm.
Die Buchstaben vornedran dienen nur der Sortierung in der Android-App. Da die Kreise dort immer alphabetisch sortiert erscheinen, kann ich beim Lesen neuer Nachrichten einen Lesekreis nach dem anderen Durchklicken.
Wichtig für Lesekreise: Jeder Kontakt darf nur exakt einem Lesekreis angehören, sonst sieht man Posts doppelt.

Schreibekreise
Natürlich können auch direkt die Lesekreise als Adressaten von Posts dienen, speziell bei Freunden, Familie und Bekannten ist das auch sinnvoll.
Zusätzlich macht es aber Sinn, weitere Kreise zu definieren, um schnell und einfach Posts an bestimmte Gruppen adressieren zu können. Bei mir gibt es dafür „ZD – Deutsch ohne“, „ZE – Englisch ohne“ und „ZF – Franken“.
Die Buchstaben dienen wiederum dazu, dass die Kreise am Schluss der Liste erscheinen. Außerdem kann ich beim Zuweisen der Kreise für einen Post schnell „zd“ tippen und bekomme gleich den passenden Kreis als Vorschlag. („ze“ überschneidet sich leider mit „Zeit“ aus „Y – Wenn Zeit ist“, da besteht noch Optimierungspotential. :-) )
„Ohne“ soll jeweils heißen, dass beispielsweise nicht alle deutschsprachigen Kontakte enthalten sind – es gibt ein paar wenige Leute, mit denen ich auch Posts nicht unbedingt teilen will, die ich ansonsten mehr oder minder öffentlich verteile.
Ansonsten ist diese Trennung vor allem dazu da, englischsprachige Kontakte nicht mit deutschen Posts zu nerven.
„ZF – Franken“ ist für Meldungen mit regionalem/lokalem Charakter. :-) Außerdem gleichzeitig ein Gruppierungskreis, siehe unten.
Natürlich kann man sich noch viel feiner unterscheidende Schreibekreise anlegen. Wenn es zu viele werden, kann aber schnell der Überblick verloren gehen, und statt besseren Überblicks ergibt sich dann eher noch mehr Verwirrung.

Gruppierungskreise
Einfach für die persönliche Referenz und Gruppierung habe ich noch einige Kreise, die beschreiben, woher ich Leute kenne („ZZ – +linux.de“, „ZZ – Diaspora“), wo sie wohnen („ZF – Franken“) etc.
Alle, die einem Gruppierungskreis angehören, müssen notwendigerweise auch noch anderen Kreisen angehören, sonst teile ich nur öffentliche Posts mit ihnen.
Zusätzlich gibt es noch einen Kreis „ZZ – Noch nicht da“. Dort befinden sich alle Leute, die ich eingeladen habe, die sich aber noch nicht bei Google+ angemeldet haben. Diese Leute stecken wirklich nur in diesem Kreis. Von Zeit zu Zeit sehe ich nach, ob beim einen oder anderen das Briefumschlags-Symbol verschwunden ist und sortiere sie ggfs. in die passenden Kreise ein. Update: Seit Google einen benachrichtigt, wenn ein Eingeladener Google+ beigetreten ist, ist das nicht mehr notwendig.

Umgang mit Unbekannten, die mit mir teilen
Größeres Update: Mittlerweile gibt es eine „Ignorieren“-Funktion in Google+, die ich zunächst für die Lösung des Problems hielt. Ist sie aber nicht. Ich habe den jetzt folgenden Text entsprechend überarbeitet.

Grundsätzlich könnte man dafür die Funktionen benutzen, die Google+ mitbringt: Posts von Leuten außerhalb meiner Kreise erscheinen ohnehin nicht im Stream, sondern nur unter „Nicht in Kreisen“. Diese Posts könnte man sich dann und wann ansehen und die Leute dann entweder in Kreise einsortieren oder ignorieren.
Das Problem: Im „Nicht in Kreisen“-Stream erscheinen nur die Posts, die nicht öffentlich sind, nur die also, die der Autor an bestimmte Kreise bzw. Alle/Erweiterte Kreise adressiert hat.
Da viele Google+-User in erster Linie öffentlich posten, eignet sich der „Nicht in Kreisen“-Stream nicht zur Beurteilung, ob man sie in Kreise stecken möchte oder nicht.
Außerdem sieht man dort auch Posts von Leuten, die einen gar nicht hinzugefügt haben, aber an ihre Erweiterten Kreise gepostet haben.
Es gibt zwei Möglichkeiten, damit umzugehen:

Möglichkeit 1: Wenn man Google+ in erster Linie als Medium versteht, um sich möglichst vielen Leuten mitzuteilen, weniger, um interessante Leute zu finden, sind Googles eingebaute Funktionen ausreichend. Wenn einen jemand einkreist, schaut man vielleicht kurz auf sein Profil, entscheidet, ob er/sie interessant ist und nimmt sie/ihn in die eigenen Kreise auf oder nicht. Damit wird man manch einen interessanten Menschen verpassen, der vielleicht gerade neu bei Google+ ist, noch nichts gepostet hat und/oder sein Profil noch nicht ausgefüllt hat. Ein regelmäßiger Blick in den „Nicht in Kreisen“-Stream nützt nur dann, wenn derjenige meist nicht öffentlich postet. Diese Methode kann natürlich auch sinnvoll sein, wenn man „berühmt“ ist und viele Follower hat, täglich neue dazubekommt. Dann ist Möglichkeit 2 zu zeitaufwendig.

Möglichkeit 2 (die, die ich nutze): Man nimmt jedesmal, wenn einen ein Unbekannter eingekreist hat, diesen in einen „Kreis der Neuen“ auf, bei mir „X – Neu“. Die Nachrichten in diesem Kreis sieht man sich dann und wann an und entscheidet dann, ob man diese Leute jeweils in die regulären Kreise aufnimmt oder aus dem Kreis der Neuen wieder rausschmeißt. Diese Möglichkeit bietet den Vorteil, dass man alle Nachrichten des anderen mitbekommt, öffentlich oder nicht öffentlich, und vor allem, dass man sich auch von Neumitgliedern über längere Zeit ein Bild machen kann, bevor man über die Einkreisung entscheidet.

Was fehlt
Unpraktisch ist vor allem, dass die Android-App derzeit keine Möglichkeit bietet, den Stream nach Circles zu filtern. Somit sehe ich dort immer alles, auch meine ignorierten Kontakte. Ich denke aber, dass dieses Feature bald kommen wird. Update: Falsch, geht doch: Man muss auf Circles klicken, dort einen auswählen und dort unten „Posts“ auswählen. Etwas umständlich, aber funktioniert. Danke für den Hinweis, Christian!
Update 2: Seit Version 1.0.2 kann man sich in der Android-App Kreise definieren, zwischen denen man dann in der Stream-Ansicht hin- und herswipen kann. Wunderbar!

Leider muss man auch jedesmal, wenn man von irgendeiner anderen G+-Ansicht zurück auf den Stream wechselt, wieder den Circle anwählen, den man sehen will. Google+ merkt sich den zuletzt angesehenen Kreis nicht und startet immer mit dem gesamten Stream.
Nett wäre es außerdem, wenn man mehrere Kreise gleichzeitig zur Betrachtung anwählen könnte (wie bei Diaspora) und sowas wie einen Zähler für ungelesene Nachrichten in jedem Kreis hätte.

Das ganze ist nicht perfekt, momentan für mich aber die beste Lösung. So behalte ich den Überblick und verpasse nie Nachrichten von denen, die mir wirklich wichtig sind.

Montag, 11. Juli 2011

Der Abbau der Privatsphäre und die schleichende Gewöhnung daran

Im Zuge der Einführung von Google+, meiner eigenen Begeisterung dafür und allem, was man bei einem neuen sozialen Netzwerk an Privatsphäre-Fragen zu bedenken und einzustellen hat, ist mir eines aufgefallen:
Es macht mir immer weniger aus, wenn Unternehmen immer mehr über mich wissen. Privatsphäre, früher ein sehr wichtiges Thema für mich, wird zweitrangig, meine Standards weichen immer mehr auf.
Es gab Zeiten, da wäre es für mich undenkbar gewesen, Google Mail zu nutzen. Der großen Datenkrake meine privaten E-Mails zum Lesen geben? Nie und nimmer!
Aber dann musste der Freund, der für mich MX gespielt hatte, kurzfristig seinen Server vom Netz nehmen. Ich brauchte schnell einen Ersatz und dachte an den alten GMail-Beta-Account, den ich irgendwann zu Testzwecken mal aufgemacht hatte. Und dann führte mich Mailplane in die Nutzung der Webapp ein, und ich wollte keinen Desktop-MUA mehr benutzen, weil GMail so viel besser war.
Damals hatte ich noch Bauchschmerzen bei meiner Wahl des E-Mail-Providers, speziell was die Konatkte betraf. Heute ist das selbstverständlich für mich.

Natürlich gehörte ich auch einmal zu den Leuten, die den Browser per Default grundsätzlich keine Cookies akzeptieren lassen. Nur wo es nötig ist, wurde ausgewählten Seiten das Setzen ermöglicht. Heute lasse ich das schon aus Bequemlichkeit bleiben und nutze Chrome. Mit Ghostery habe ich immer noch ein Plugin, das Trackern das Leben schwer macht, und das ich auch behalten werde. Die Zeiten, in denen ich mich über Seiten, die nur mit Cookies funktionierten, maßlos ärgern konnte, sind aber lange vorbei.

Dazu kommt noch das Messen mit zweierlei Maß, das ich an mir beobachten musste.
Auf Facebook irgendwem außer meinen „Freunden“ zeigen, mit wem ich „befreundet“ bin? NIEMALS!!11 Auf Google+ war die Liste der mit Leute in meinen Kreisen zeitweise öffentlich.
Auf Facebook hatte ich das Profil größtenteils nicht einmal ausgefüllt, um dem gruseligen Datenmonster so wenig wie möglich zum Fraß vorzuwerfen. Bei Google habe ich das alles gleich an der Pforte abgegeben, auch wenn viele Informationen nur für einige wenige meiner Kontakte sichtbar sind.
In gewisser Weise ist es meiner Ansicht nach schon berechtigt, Google etwas weniger misstrauisch zu begegnen als Facebook. Google gibt die Daten im allgemeinen nicht an Dritte weiter, und auch wenn ich die Defaults ein bisschen freizügig finde, so sind gute, „sichere“ Privatsphäre-Einstellungen nicht wie bei Facebook erst im gefühlt hundertsten Menü bestmöglich versteckt zu finden, sondern klar und offensichtlich.
Trotzdem ist es ein bisschen seltsam, dass bei mir ein und dieselbe Funktion in Facebook die Alarmglocken schrillen lässt, während sie in Google+ zumindest relativ ungefährlich wirkt.

Was habe ich mich vor etwa einem halben Jahr noch darüber aufgeregt, dass Diapora-Profile öffentlich sichtbar waren und von Google indiziert wurden! Ein echtes Bild von mir, verbunden mit dem oft benutzten Nick und einem Link zu meinem Blog, wo notgedrungen die echte Adresse im Impressum steht – das wollte ich gar nicht!
Bei der ersten erfolgreichen Anmeldung bei Google+ wurde mein Google-Profil öffentlich, und das vorher nicht vorhandene Bild reichte ich auch noch nach. Einfach so, wieder ein Mäuerchen eingerissen.
Mal ganz abgesehen davon, dass Facebook an dieser Stelle in Sachen Privatsphäre sogar die Nase vorn hat: Ein Profil ganz vor Suchmaschinen verstecken kann man nur dort, Google+ bietet diese Option nicht.

User-Tracking durch Facebook mit Hilfe des Like-Buttons? Verwerflich! Den Säcken gehört das Handwerk gelegt!
Google tut das auch, mit dem +1-Button? Nicht schön, aber sowas braucht man jetzt anscheinend … ?

Wie oben schon geschrieben: Ich halte es durchaus für berechtigt, Facebook gegenüber weit mehr Skepsis an den Tag zu legen als Google gegenüber. Als weiteres Beispiel sei genannt, dass ich bei Google+ nicht mehrere Stunden gebraucht habe, um alle Privatsphäre-Einstellungen zu finden, zu verstehen und auf sinnvolle Einstellungen zu setzen. Und https ist bei Google+ Standard.
Trotzdem ist es erschreckend, wie sehr das Privatsphäre-Schutzbedürfnis auch davon abhängt, wie sehr ich den mag, der mir anbietet, es aufzuweichen.
Was ich heute auf Google+ so alles tue und was ich alles mit anderen teile ist weit mehr als das, was ich mir dahingehend noch vor Jahresfrist hätte vorstellen können.

Was ist das? Das Aufgeben irrationaler Ängste? Die Aufweichung eigentlich sinnvoller Standards?
Beides ein wenig. Und es ist ganz schwer einzuschätzen, ob es mehr vom einen oder mehr vom anderen ist.

Freitag, 1. Juli 2011

Google+, der erste ernsthafte Konkurrent für Facebook

Da hat Google am Mittwoch einen echten Paukenschlag gelandet: Einfach so, mir nichts, dir nichts, wird ein fertiges Social Network aus dem Hut gezaubert. Und ganz anders als bei früheren Versuchen wie Google Buzz, das die meisten hierzulande nicht einmal kennen dürften, hat Google diesmal vieles richtig gemacht.
Der neue Dienst sieht toll aus und lässt sich klasse bedienen – vieles läuft per Drag&Drop, alles ist schnell, gut verständlich und aufgeräumt. Facebook wirkt dagegen sehr altbacken und träge und vor allem extrem kompliziert – was bei Facebook seitenweise kaum verständliche Einstellungen sind, ist bei Google eine einzige Seite, die klar und deutlich ist und zumindest nach einer ersten Einarbeitung in das Konzept von Google+ auch keine Fragen offen lässt.
Denn eines ist natürlich klar: Google+ ist keine 1:1-Kopie von Facebook. Es gibt eigene Konzepte, die zwar so fast alle auch anderswo schon zu sehen waren, die aber für den wechselwilligen Facebook-User zunächst einmal eine Umgewöhnung bedeuten und verstanden werden müssen.

Circles (Kreise)
Das ist der größte Unterschied zwischen Facebook und Google: Circles oder Kreise. Das sind Gruppen, in die man seine Kontakte einordnet.
Auch Facebook bietet die Möglichkeit, Gruppen zu erstellen, dort ist aber etwas völlig anderes damit gemeint: Eine Facebook-Gruppe ist so etwas wie ein Mailverteiler. Man sendet etwas an die Gruppe, und alle Gruppenmitglieder können es lesen. Außerdem kann jedes Gruppenmitglied selbst auch Mitteilungen an die Gruppe schreiben. Jeder kann Andere zu Gruppen hinzufügen (die dann selbst wieder austreten müssen, wenn sie das nicht wollen), jeder kann zumindest einen Antrag an den Gruppen-Administrtor (meist der Gründer) stellen, um einer Gruppe beizutreten. Update: Eben auf Hinweis von Thomas gefunden: Neben Gruppen gibt es auch Listen, und die stellen diese Funktionalität zur Verfügung. Es ist aber extrem umständlich, sie zu benutzen.
Kreise bei Google+ sind etwas ganz anderes: Mit ihnen organisiert der User seine eigenen Kontakte, teilt sie ein in Freunde, Bekannte, Familie, Kollegen und so weiter. Ein Kreis ist nichts Öffentliches; ich könnte jemanden in den Kreis „Deppen“ einordnen, und er würde nicht wissen, wie ich ihn kategorisiert habe.
Kreise dienen dazu, eigene Nachrichten nur bestimmten Leuten zugänglich zu machen. Von der Party gestern Abend sollen meine Freunde erfahren, aber nicht meine Kollegen oder mein Chef, und vielleicht auch nicht die Familie. Also ordne ich meinem Status-Update nur den Kreis „Freunde“ zu. Alle anderen können es nicht sehen. Und wenn ein Kollege auch ein Freund ist, wird er eben in beide Kreise eingeordnet.
Umgekehrt kann ich auch in meinem Stream (das, was in Facebook die Neuigkeiten sind) einen Kreis auswählen und bekomme dann nur die Nachrichten aus diesem Kreis angezeigt. Das ist besonders praktisch, wenn man seit Längerem nicht mehr reingeschaut hat – das ganze Rauschen vieler Kontakte mit all ihren Youtube-Links und „Gefällt mir“-Posts kann ausgeblendet und nur auf die Posts enger Freunde beschränkt werden. Die anderen sind erst einmal nicht so wichtig.
Anders als bei Facebook kann jeder erst einmal von sich aus anfangen, mir seine Status-Updates zu schicken, er muss nicht erst mein „Freund“ werden. Sinnvollerweise tauchen diese Nachrichten aber nicht im normalen Stream auf. Nur, wenn man auf „Nicht in Kreisen“ klickt, um die Nachrichten derjenigen anzuzeigen, die mit einem teilen, die man aber noch nicht einem Kreis zugeordnet hat, kann man sie sehen. Erst wenn man so einen Kontakt einem Kreis zugeordnet hat, tauchen seine Nachrichten auch im normalen Stream auf. Natürlich kann man Spammer auch ganz blockieren.
Wenn ich eine Nachricht poste, habe ich die Möglichkeit, entweder bestimmte Kreise oder auch einzelne Personen auszuwählen, die sie sehen können, „Meine Kreise“ zu nehmen, so dass die Nachricht für die Insassen aller meiner Kreise zugänglich ist, „Erweiterte Kreise“ um sie auch „Freunden von Freunden“ zu zeigen, oder sie ganz öffentlich zu machen – dann sieht sie jeder Besucher meines Profils, ob ich ihn kenne oder nicht, und sie kann auch von Suchmaschinen gefunden werden.
Dadurch fällt das Facebook-Problem weg, dass man entweder seine „Freunde“ auf Leute beschränken muss, mit denen man tatsächlich befreundet ist, oder sich immer überlegen muss, was man denn nun bei Facebook sagen kann und was nicht. Update: Stimmt nicht ganz, siehe Update oben.
Das ist der wichtigste Unterschied zu Facebook, der Punkt, der für „Überläufer“ zunächst einmal am schwierigsten zu verstehen sein wird – und der größte Vorteil gegenüber Facebook.

Weitere Funktionen in Kürze
Hangouts sind Video-Chaträume. Bis zu zehn Leute können so gleichzeitig miteinander mit Audio und Video konferieren. Auf Wiedersehen Skype, Du bist überflüssig geworden. Voraussetzung ist lediglich die Installation eines entsprechenden Plugins für den Browser. Natürlich kann man auch auf Video verzichten und sich nur unterhalten. Außerdem gibt es einen „YouTube-Kanal“ im Hangout, in dem sich die Teilnehmer gegenseitig YouTube-Videos vorführen können. Von Smartphones aus kann man Hangouts (noch) nicht benutzen.

Huddle gibt es nur in der mobilen Version. Es ist dafür gedacht, sich mit mehreren Personen in Echtzeit auszutauschen, etwa um einen Termin zu finden. Wohl eine Art Multi-User-Chat, auch als Ersatz für WhatsApp und Konsorten. Ich habe es noch nicht getestet.

Sparks ist das Feature, mit dem ich persönlich am wenigsten anfangen kann – es ist wohl für Leute gedacht, die sich vorm Computer langweilen und nicht wissen, was sie tun sollen, was mir eher selten passiert. :-) Man kann über Stichwörter eigene Interessen angeben und bekommt dann aktuelle News und Artikel aus dem Netz zu diesem Thema.

Im Profil kann ähnlich wie bei Facebook für jedes einzelne Element festgelegt werden, wer es sehen darf (nur ist es bei Google+ einfacher zu durchschauen und wesentlich praktischer gelöst).

Eine App für Android ist bereits verfügbar, für iPhone und iPad ist eine angekündigt (zumindest für manche andere mobile Betriebssysteme wird es in Zukunft sicher auch Apps geben). Einstweilen und mit anderen Systemen kann man die mobile Website benutzen. Die Android-App wirkt aufgeräumt und gut durchdacht und ist im Gegensatz zur Facebook-App auch richtig flott. Auf Wunsch werden alle Fotos automatisch in ein privates Picasa-Album hochgeladen und können dann in Google+ direkt freigegeben werden, ohne dass man sie umständlich suchen und hochladen müsste.

Chat gibt es in Form des schon von Google Mail her bekannten Chats Google Talk.

Freunde finden
Zur Nutzung des Dienstes ist ein Google-Konto nötig. Wer dort bereits ein gefülltes Adressbuch vorhält, hat gleich eine ganze Menge Vorschläge, welche Leute er einladen könnte. Jemanden zu finden, der schon auf Google+ ist, ist momentan natürlich noch eher unwahrscheinlich, da der Dienst erst seit Mittwoch überhaupt öffentlich existiert.
Außerdem ist es möglich, Adressbücher von Yahoo und Hotmail hochzuladen (und das wurde inzwischen auch freigeschalten).
Wer Google Chrome nutzt, kann mit Hilfe einer Erweiterung außerdem alle Facebook-Freunde importieren und diese dann einladen (Anleitung hier).
Um jemanden einzuladen, kann man in der Circles-Ansicht einfach auf ihn doppelklicken.

Weitere Unterschiede zu Facebook
  • Google gibt keine Daten an Dritte weiter.
  • Es gibt keine Apps und Spiele. (Noch?)
  • Private Nachrichten sind keine eigene Funktion an einer anderen Stelle – man sendet eben einfach eine ganz normale Nachricht, die aber nur diese eine Person sehen kann.
  • Wenn man den Stream neu lädt, ist er nicht nach Zeit des jeweiligen Originalposts sortiert, sondern nach Zeit des letzten Kommentars. So verpasst man keine Kommentare zu älteren Posts. Wenn ein Post mit langweiligen Diskussionen nervt, weil er ständig wieder vornedran steht, kann man ihn auch ignorieren (Kreuz oben rechts).
  • Die Tools zum Betrachten von Fotos sind genial und wirklich sehr viel besser als bei Facebook.
  • Ist man bei anderen Google-Tools eingeloggt, zum Beispiel bei Google Mail, sieht man automatisch einen rechts oben einen Zähler, wo neue Benachrichtigungen angezeigt werden. Man muss auch nicht umständlich zu Google+ wechseln, um deren Inhalt dann anzusehen, das geht direkt in der dann aufgehenden Box. Sehr clever gelöst.
  • Intuitiver, einfacher, schneller, schöner.

Teilnehmen
Mittlerweile ist Google+ für Jedermann freigegeben worden, es ist keine Einladung mehr nötig. Einfach auf der Google+-Seite mit einem bestehenden Google-Konto einloggen oder ein Konto anlegen, fertig. Update: Doch nicht. Es wird einem zwar jetzt angeboten, sich mit seinem Google-Konto einzuloggen (deswegen dacht ich es geht), aber ohne Invite kommt man dann nicht rein.
In den letzten beiden Tagen hatten sich trotz „invite only“ ungeheure Mengen an Leuten angemeldet, und Google ließ zeitweise keine neuen Anmeldungen mehr zu. Das ist jetzt aber offenbar vorbei.

Datenschutz
Natürlich ist Google in Sachen Datenschutz kein Lämmchen, aber eines ist klar: Google ist in meinen Augen viel, viel besser als Facebook.
Das liegt vor allem daran, dass Google die persönlichen Daten nicht an Dritte weitergibt. Es gibt keine Apps, die neben netten Spielmöglichkeiten vor allem die Aufgabe haben, ihre Nutzer (und deren Freunde) auszuforschen.
Wer weiß, ob Google in Zukunft Apps zulassen wird, um mit Facebook gleichzuziehen – zu hoffen bleibt dann jedenfalls, dass sie nicht sie gleichen Möglichkeiten bekommen, wie Facebook-Apps sie haben.
Google selbst wird dadurch also noch mehr von uns erfahren. Die Such-Historie kann bei immer eingeloggtem Google-Konto mit einer konkreten Person verbunden werden, und das auch über mehrere Computer und/oder Browser hinweg. Dazu E-Mails, und jetzt auch noch Social Network …
Da kommen richtig viele und sehr konkrete Daten zusammen. Ob man das alles einem einzelnen Anbieter anvertrauen will, muss jeder selbst wissen.
Meine persönliche Meinung ist, dass Google eines der ganz wenigen Unternehmen ist, denen ich diese Daten ohne größere Bauchschmerzen anvertrauen kann. Vor allem weiß ich (oder gehe zumindest mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass in der Privacy Policy nicht gelogen wird), dass das alles bei Google bleibt und nicht in die Hände weniger vertrauenswürdiger Dritter gelangt.
Allgemein kann man sagen: Wer bisher bei Facebook war, kann leichten Herzens zu Google+ wechseln. Wem Facebook datenschutztechnisch zu heiß war, der muss Google+ für sich selbst bewerten. Es ist sicher deutlich weniger schlimm, aber auch ganz bestimmt nicht unproblematisch.
Echte Fallstricke wie bei Facebook gibt es kaum.
Beim Ausfüllen des Profils sind einige Voreinstellung für die Sichtbarkeit der Daten meiner Meinung nach zu locker, anders als bei Facebook sind sie aber beim Eingeben direkt sichtbar (nicht hinter dem Schloss versteckt) und können sehr einfach umgestellt werden.
Besonders positiv: Die Eingabe des Geburtsdatums, das in Verbindung mit dem Namen den Identitätsdiebstahl besonders leicht macht, ist überhaupt nicht vorgesehen. Eine (theoretische) Pflicht zur Angabe des echten Namens wie bei Facebook gibt es nicht, der Name kann auch später problemlos geändert werden. Update: Stimmt nicht, gibt es doch, auch wenn Spitznamen zugelassen sind.
Wer will, kann sein Profil auch komplett aus allen Suchergebnissen ausschließen. Dann kann er aber natürlich auch nur von Freunden gefunden werden, die ihn einfach anhand seiner E-Mail-Adresse hinzufügen.
Wie bei Facebook gibt es einige Daten, die grundsätzlich als öffentlich gelten: Der Name und die Profilfotos – und, was nicht auf Anhieb ersichtlich ist, die „+1“-Daten. „+1“ ist Googles Version des Like-Buttons. Den entsprechenden „+1“-Button gibt es inzwischen auf vielen Websites. Drückt man ihn auf einer Website, gilt die Tatsache, dass man diese Website mag, ebenfalls als öffentlich. (Tut man das bei Nachrichten in Google+, die nicht öffentlich sind, ist das natürlich nur für die Leute zu sehen, die auch die Nachricht sehen können.)
An einem Punkt muss man vielleicht ein bisschen aufpassen, weil man das nicht gewohnt ist:
Wenn man eine Nachricht kommentiert (oder +1 drückt), hat dieser Kommentar genau die gleiche Sichtbarkeit wie Nachricht. War die Nachricht also öffentlich für alle Internet-User sichtbar, ist auch mein Kommentar für alle Internet-User sichtbar. Deshalb ist auch an jeder Nachricht ein Hinweis zu sehen, ob sie „Öffentlich“ oder „Eingeschränkt“ verfügbar ist. Ein Klick auf „Eingeschränkt“ zeigt die Liste aller User, die die Nachricht sehen können. Bevor man etwas potentiell Peinliches kommentiert, sollte man sich also besser diese Liste ansehen. (Bei Facebook ist das mit der Sichtbarkeit von Kommentaren natürlich nicht anders, nur habe ich dort keine Möglichkeit zu sehen, wie öffentlich die Nachricht ist, auf die ich antworte.)

Fazit
Um es kurz zu machen: Ich bin begeistert!
Da hat Google wirklich einen großen Wurf hingelegt. Viele der Konzepte sind aus anderen Systemen bekannt, besonders viele davon aus Diaspora, aber es ist das erste Angebot, das ich kennengelernt habe, bei dem ich wirklich das Gefühl habe, dass es Facebook User abjagen kann.
Und ich hoffe sehr, dass es das tun wird.
Ein erstes Angebot an meine Facebook-„Freunde“, ihnen eine Einladung zu Google+ zukommen zu lassen, hat leider kaum Reaktionen hervorgerufen – vielleicht (hoffentlich) deshalb, weil ich auch dazugeschrieben habe, dass sich Google+ noch in der Testphase befindet und meine Kontakte fast alle sehr wenig mit Computern am Hut haben.
Tatsächlich ist Google+ aber ein bereits ein fertiges, vollwertiges Produkt.
Ich wünsche mir, dass das möglichst viele Facebook-Nutzer speziell aus meinem Freundeskreis auch tun. Ich möchte Facebook hinter mir lassen, aber richtig schön wird das nur, wenn möglichst viele Leute mitkommen.