Dienstag, 6. Oktober 2009

Alternativen bei der Haus-Automatisierung

Wie schon einmal geschrieben plane ich ja, die Heizungssteuerung in unserem neuen Haus einer schlauen Elektronik zu überlassen, die dann die Heizungen runterregeln soll, wenn wir nicht da sind.
Sinnvollerweise will ich dazu natürlich ein System wählen, das grundsätzlich mehr kann als nur Heizungen steuern; so kann ich später meinem Spieltrieb freien Lauf lassen und Licht, Steckdosen, Rolläden, Markise usw. anschließen.
Außerdem sollte es ein System sein, das Funk nutzt – in einem Mietshaus über vier Etagen ein Bussystem zu verlegen ist nicht unbedingt sinnig.
Natürlich ist zudem das Budget begrenzt. Das Synco-Living-System von Siemens wäre beinahe auch noch in die nähere Auswahl gekommen; letztlich ist es dann aber doch zu teuer.
Bleiben nur die zwei Systeme von ELV/Conrad: Das ältere FS20 und HomeMatic.

Da der Post sehr lang geworden ist, heute ausnahmsweise mal ein Sprung – den ausführlichen Vergleich zwischen HomeMatic und FS20 gibt es nach Klick auf den Link.


HomeMatic: Eigentlich das schönere System, vor allem, wenn man nicht selber basteln will. Die Kommunikation zu allen Aktoren (z.B. funkgesteuerten Schaltern) läuft bidirektional, d.h. der Schalter meldet zurück, dass er geschalten hat.
Außerdem kann die Verbindung optional abgesichert werden, soweit der Aktor das unterstützt; dann führt der Aktor den Befehl nicht gleich aus, sondern sendet eine AES Challenge an den Sender, nur wenn die Response passt, wird der Befehl ausgeführt.
Optional kann auch ein kabelgebundener Bus mit eingesetzt werden, das funktioniert aber nur mit der Zentrale.
Die Heizungssteuerung und einfache Sender-/Empfänger-Paare wie zum Beispiel eine Fernsteuerung und mehrere Schaltaktoren dazu können auch ohne Zentrale betrieben werden. So könnte man erst einmal mit relativ wenig Geld anfangen und irgendwann später die Zentrale dazukaufen, wenn man komplexere Steuerungen einsetzen möchte.
Die Ventilstellantriebe, die an den Heizkörpern angebracht werden, sind auch bei Einsatz einer Zentrale nur über das Raumthermostat (Kasten mit Display an der Wand, wo gewünschte Temperatur eingestellt werden kann usw.) steuerbar. Es kann also per Software nur dem Thermostat eine Wunschtemperatur vorgegeben werden, direkte Stellbefehle an die Ventilstellantriebe sind nicht möglich. (Mithin müsste man auf jedem kleinen Klo ein Raumthermostat anbringen, wenn man es in die Heizungssteuerung einbeziehen möchte.)
Für das System ist eine sinnvolle Zentrale (CCU-1) erhältlich, die über ein Web-Interface oder über separat erhältliche Windows-Software konfiguriert werden kann. Eigene Programmierungen über eine proprietäre Skriptsprache sind möglich. Teile der Zentralensoftware sind Open Source, der eigentliche Kern jedoch, d.h. der Teil, in dem die Funknachrichten verschickt werden, ist Closed Source und kann nicht verändert werden.
Das verwendete Protokoll wird geheimgehalten, bisher scheint sich auch niemand die Mühe gemacht zu haben, es komplett zu reverse-engineeren.
Damit sind wir auch schon bei den Nachteilen: Es gibt keine Alternativen zur der von ELV angebotenen Zentrale CCU-1. Die ist zwar ziemlich umfangreich und dürfte in der Lage sein, die meisten Wünsche zu erfüllen, kostet aber satte € 500,– (viel teurer ist die Zentrale von Siemens auch nicht). Außerdem sind die eigentlichen Aktoren im Vergleich zu FS20 ziemlich teuer – wenn auch deutlich günstiger als etwa bei Synco Living.
Fazit: Ein schönes, mittlerweile wohl auch ziemlich ausgereiftes System. Leider ist die Zentrale sehr teuer, außerdem ist das Protokoll geheim und sind somit Eigenentwicklungen nur im fest vorgegebenen Rahmen möglich.

FS20: Eigentlich der Vorgänger zu HomeMatic, der einige deutliche Schwächen aufweist. Am klarsten sticht hier heraus, dass die meisten Funkvorgänge nicht bidirektional verlaufen. Genauer: Die Zentrale bzw. das Raumthermostat oder die Fernbedienung sendet den Befehl einfach zwei- bis dreimal und hofft, dass der Aktor den Befehl schon empfangen haben wird. Eine Rückmeldung gibt es nicht. Somit ist es ohne zusätzlich Hilfsmittel nicht möglich zu überprüfen, ob ein Befehl tatsächlich ausgeführt wurde oder nicht.
Eine Möglichkeit zur Absicherung des Funkverkehrs fehlt vollständig. Einziger „Code“ ist eine vorangestellte Nummer, mit der sichergestellt werden soll, dass die Systeme verschiedener Haushalte sich nicht gegenseitig steuern. Diese Nummer ist aber trivial aus dem Funkverkehr herauszulesen; einer Steuerung der Geräte des Nachbarn steht nichts im Wege. Es gibt sogar im FS20-Programm selbst ein Gerät, das diesen Hauscode herauslesen und anzeigen kann.
Was von Conrad/ELV selbst an Zentralen dazu angeboten wird, ist, gelinde gesagt, unattraktiv. Die Standalone-Zentrale FHZ-1000 kann praktisch nichts: Lediglich vier Makros können definiert werden, und wenn ich das richtig verstanden habe, können diese auch nur über das Drücken von Tasten bzw. aus der Ferne via Telefon ausgelöst werden – keinerlei echte Automatisierung also, die von bestimmten Sensor-Zuständen abhängig wäre; jedenfalls nicht über das hinaus, was die Heizungssteuerungen ohnehin schon können (Temperatursteuerung und Herunterfahren der Heizung bei geöffnetem Fenster/Tür).
Dann gibt es die PC-Zentralen FHZ-1300 PC und FHZ-1300 WLAN. Auch hier kann aber von einem überzeugenden Produkt nicht die Rede sein: für € 160,– bis € 260,– erwirbt man letztlich nichts anderes als einen Sender für das FS20-System. Über eigene Intelligenz verfügen diese Zentralen nicht; es muss ein Windows-PC mit darauf laufender Steuersoftware angeschlossen werden, der die eigentlichen Regelungsaufgaben übernimmt.
Wenn man einmal davon absieht, dass ich mir ohnehin keinen Windows-Rechner ins Haus stellen möchte – einen PC (und sei es ein Netbook) rund um die Uhr laufenzulassen, um damit ein System zu betreiben, mit dem man letztlich eigentlich Energie sparen möchte, ist für mich ein bisschen blödsinnig.
Bis hierher klingt das System also wenig überzeugend.
Jetzt kommt aber FHEM von Rudolf König ins Spiel. FHEM ist letztlich ein umfangreiches Set von Perlskripten, das es erlaubt, ein FS20-System (und einige andere) komplex anzusteuern. Ein Asuwahl verschiedener Web-Interfaces bietet die passende Visualisierung und Möglichkeiten zur Konfiguration. Das ganze ist Open Source und kostenlos.
Außerdem gibt es noch den CUL und bald den CUN von busware.de. Das sind Sender für den 868-MHz-Bereich mit USB- (CUL) bzw. Ethernet-Anschluss (CUN). Mit passender Firmware von Rudolf König können diese Sender zur Steuerung des FS20-Systems eingesetzt werden. Diese Geräte gibt es ab € 40,– (CUL) bzw. ab € 70,– (CUN, Vorbestellpreis).
Das beste aber: FHEM kann auf kleinen Geräten installiert werden, die ohnehin über ein Linux verfügen, zum Beispiel auf NAS-Boxen oder auch auf einer Fritzbox. Damit spart man sich die Notwendigkeit eines zusätzlichen Computers.
Zusätzlich liegt mir Perl sehr. Wenn es für irgendetwas notwendig sein sollte, kann ich also nicht nur auf die ohnehin umfangreichen eingebauten Möglichkeiten von FHEM zurückgreifen, sondern kann mir beliebig dazuprogrammieren, was ich brauche.
Und dann der Preis: Für maximal € 130,– (CUN in unnötiger Maximalausstattung) habe ich meine Zentrale, denn eine große Fritzbox mit den nötigen Eigenschaften habe ich ja schon. Außerdem ist die gesamte Hardware (Aktoren und Sensoren) des Systems so viel günstiger als bei HomeMatic, dass man, wie ich in einem Forum treffend las, für den Preis eines HomeMatic-Systems auch ein FS20-System mit zusätzlichen Sensoren bauen kann, das die Schaltvorgänge selbst überprüfen kann.
Und sollte der Basteltrieb mit mir durchgehen, stünde auch einem eigenen Protokoll mit bidirektionaler Bestätigung und Verschlüsselung letztlich nichts im Wege – ist ja alles offen und frei zugänglich!
Außerdem gibt es für FS20 und KS300 eine wesentlich größere Auswahl an Aktoren und Sensoren.
Bleibt ohne Extrembasteln also letztlich nur das Problem der vollkommen fehlenden Sicherheit. So richtig toll ist das natürlich nicht, aber für den Preisvorteil nehme ich das in Kauf.
Ansonsten gilt weitgehend das, was auch für HomeMatic der Fall ist: Es gibt ein Hutschienensystem für nicht-gefunkte Ansteuerung, Betrieb ist auch ohne Zentrale möglich, und üblicherweise werden Raumthermostate, nicht Ventilstellmotoren bei der Heizungssteuerung angesteuert. Hier gibt es aber eine Chance, dass das in Zukunft anders wird: FHEM kann wegen noch nicht ausgeräumter Probleme derzeit nicht direkt die Ventilstellmotoren ansteuern, das soll aber kommen. Dann steht auch der Ausrüstung eines Klos mit einfachem Temperatursensor und Ventilstellantrieb plus Fenster-offen-Sensor nichts mehr im Wege.
Fazit: Auf den ersten Blick nicht so richtig toll, aber In Verbindung mit FHEM bei näherem Hinsehen das deutlich attraktivere System. Das gilt nur, wenn man ein bisschen Linux und Perl basteln will und kann, aber dann winken paradiesische Möglichkeiten. Meine Wahl.
Update: Eine interessante, allerdings auch deutlich teurere Alternative zu CUN/CUL+FHEM könnte die EZcontrol XS1 sein. Klingt von der Produktbeschreibung her gut, ich habe aber noch nicht versucht herauszufinden, wie gut das Gerät tatsächlich funktioniert.

3 Kommentare:

  1. yep - fhem rocks !!!! Hab das Zeug jetzt schon seit mehr als einem Jahr laufen (Licht, Temperatur- und Luftfeuchtigkeitssensoren und vor allem Heizungssteuerung für mehrere Räume mittels eigener Perlscripts, Cacti zur grafischen Darstellung, kann einfach alles was ich will - großartig!) Zuverlässigkeit ist FS20 system vom design her da sehr schwach ist, bei mir aber bislang kein Problem!)

    AntwortenLöschen
  2. Hallo,
    habe eine Fujitsu Futro S300 mit 128MB Ram bei Ebay für 25 Euro incl. Versand ersteigert, bietet Steckplatz für Compactflash karten auf dem Mainboard und habe eine 4GB eingebaut. Danach Win2000 mit ip-symcom für die FS20 installiert. Der PC braucht nur 10 Watt und man braucht kein Linux.

    AntwortenLöschen
  3. Schaut mal mein Projekt an:

    http://www.problemwohnung.drapatz.net/

    Es verwendet FS20-Komponenten und das EZcontrol

    AntwortenLöschen