Donnerstag, 26. November 2009

Das N900 und das iPhone und der Mac

Nach und nach gibt es immer mehr Berichte über das neue N900 von Nokia, und ich muss sagen: Das klingt gut. Das klingt richtig gut.
Was mich im Speziellen reizt sind die große Offenheit der Plattform, die Integration von IM-Funktionen mit anderen Kommunikationsmöglichkeiten wie Telefon, E-Mail und SMS und nicht zuletzt, dass das Gerät im allgemeinen als „Computer mit Telefonfunktion“ beschrieben wird, statt dem „Telefon mit Zusatzfunktionen“, das die meisten Smartphones darstellen.
Klar, auch beim iPhone ist für mich die Nutzung der eigentlichen Telefonfunktion Nebensache. Viel mehr als das N900 bringt es aber Eigenheiten und vor allem Einschränkungen mit sich, die einem immer wieder klarmachen, dass das eben etwas ganz anderes ist als ein „kleiner Mac“.
Als das iPhone 3G herauskam, und mit ihm iPhone OS 2.0, war es ein absoluter Knüller. Es gab nichts, was ihm auch nur entfernt das Wasser reichen konnte, wenn es darum ging, das Internet in verschiedensten Ausprägungen auch unterwegs zu nutzen.
Heute ist das anders. Android- und WebOS-Telefone bieten ähnliche Möglichkeiten – vielleicht nicht ganz so perfekt, aber statt des himmelweiten Unterschieds stören nur noch marginale Kleinigkeiten.
Als Vorteil des iPhone wird immer wieder der AppStore genannt. Persönlich kann ich dazu mittlerweile nur noch müde lächeln. Ja, es gibt unglaublich viel dort, aber fast alles ist Kinderkram.
Ich bin kein Gamer, ich spiele weder am Computer noch am iPhone. Somit fällt eine Anwendungskategorie, in der das iPhone offenbar wirklich Qualität zeigt, für mich komplett flach – und mit ihr gleich ein Großteil aller Anwendungen, die überhaupt im AppStore erhältlich sind.
Dann natürlich die riesige Flut von „Fun-Apps“, die für mich totaler Blödsinn sind. Ein Getränk am Telefon austrinken, das war am Anfang ja noch ganz witzig. Aber eine Kerze ausblasen, wahlweise als Grafik auf dem Display oder mit dem Telefon eine echte, Lichtschwert-Sounds und natürlich hunderte von Furz-Applikationen? Das ist doch lächerlich.
Auf der anderen Seite fehlen aber Dinge, die mir eigentlich wichtig wären.
So gibt es nur eine einzige halbwegs benutzbare Kalender-Applikation. Apple lässt einen Zugriff auf den internen Kalender nicht zu, deshalb müssen externe Anwendungen eigene Datenbanken schaffen und sich selbst um Synchronisation kümmern. Für diesen Aufwand ist die Zielgruppe „ernsthafter“ iPhone-Anwender offenbar zu klein, ganz zu schweigen von möglicherweise in den Sand gesetzten Investitionen, weil man sich mit dem AppStore-Zulassungsprozess rumschlagen muss.
Fehlendes Multitasking mag eine bewusste Design-Entscheidung sein, aber dann muss man bei bestimmten Dingen für Ersatz sorgen. Das hat Apple nur teilweise getan. Die simple Möglichkeit, etwas Code oder eine Anwendung zu einem bestimmten Zeitpunkt ausführen zu lassen, fehlt etwa. So ist es unmöglich, einen sinnvollen (!) Wecker zu programmieren, der den arg beschränkten mitgelieferten ersetzen würde.
Es gibt keinerlei Möglichkeiten, verschiedene Einstellungsprofile zu definieren, geschweige denn, sie orts- oder wenigstens uhrzeitbasiert automatisch zu aktivieren.
Und was immer man tut, es muss das einzige sein. Gleichzeitig GPS-Daten aufzuzeichnen, wofür nun wirklich keine Anzeige auf dem Bildschirm notwendig ist, und telefonieren oder auch nur eine Adresse nachschlagen ist unmöglich.
Gute Synchronisation, wo man also das Telefon nicht so oft wie möglich per Kabel umständlich mit dem Computer verbinden muss, gibt es nur in Verbindung mit MobileMe. WLAN- oder Bluetooth-Sync, möglichst automatisch wenn das Gerät sich in der Nähe des Computers befindet, ist nicht vorgesehen. MobileMe aber kostet Geld, ist mit dem Zwang verbunden, eine @me.com-Adresse zu benutzen oder sich mit umständlichen Workarounds abzufinden, hat ein zwar hübsches, aber mit JavaScript dermaßen überladenes Web-Interface, dass es auf langsamen Rechnern nicht benutzbar ist und ist somit sein Geld nicht wert.
So sehr ich mein iPhone mochte, inzwischen gibt es Konkurrenz, die in für mich wichtigen Punkten besser ist, dafür aber nicht mit den nervigen Einschränkungen des iPhone geschlagen ist.
Heute würde ich das iPhone nur noch Leuten empfehlen, die vor allem spielen wollen. Für alles andere gibt es bessere Alternativen.

Zurück zum N900. Wie gut das letztlich zu mir passen würde, ist noch nicht ganz klar. Mir sind Kleinigkeiten wichtig, die in den diversen Reviews naturgemaäß nicht vorkommen.
So seltsam es klingen mag, ich kann es beispielsweise auf dem Tod nicht ausstehen, wenn ich die Labels für eine Telefonnummer/E-Mail-Adresse (Privat, Arbeit, Mobil usw.) nur aus einer vorgegebenen Liste auswählen kann, statt zusätzlich selbst freie Bezeichnungen zu vergeben. Epoc/Symbian konnte meinen Wunsch nach eigenen Labels schon immer erfüllen – ich hoffe nur, dass die enge Bindung an Microsoft dieses Feature nicht verschwinden lässt, denn Exchange kann das nicht.
Außerdem ist mir die Kalenderfunktion ein Herzensanliegen. DateBk auf dem Palm hat vorgemacht, wie gut ein Kalender auf einem so eingechränkten Gerät sein kann, welche Funktionen man bieten kann und wie schnell bedienbar ein PDA sein kann, wenn die Software etwas taugt. Ich habe nie sonst etwas gesehen, dass diesem Kalender das Wasser reichen konnte.
Am zweitbesten war aber der Epoc-Kalender, leicht abgewandelt später auf Symbian-Telefonen zu finden. So etwas leicht aufgebohrt, mit Zusatzfuktionen wie etwa Termin-Vorlagen versehen, das wäre ein Wort – gerne auch von Drittanbietern. Ich habe nichts dagegen, für Software zu bezahlen, wenn sie gut ist. Nur muss es sie erstmal geben.
Das sind Dinge, die ich mir im Laden einmal ansehen muss.

Bevor aber ein Kauf des N900 überhaupt denkbar wird, muss ein mehr als dickes Manko ausgeräumt werden: Die fehlende Synchronisation mit Mac OS X.
Man kann sich wohl mit einem Google-Account und ActiveSync behelfen, aber das ist aus mehreren Gründen keine Alternative:
  • Das, was OS X nativ als „Synchronisation“ mit Google bezeichnet, ist bestenfalls ein Witz. Kalender werden gar nicht synchronisiert, und Kontakte kommen zwar durch, aber es fehlt die Hälfte – zum Beispiel die Zuordnung zu Gruppen und die Geburtstage.
  • Abgeholfen werden kann dem mit BusySync (nur Kalender) oder SpanningSync (Kalender und Kontakte). Beides kostet Geld, Spanning Sync sogar jährlich neu.
  • Selbst wenn man das investiert, hat man noch nicht viel gewonnen: Offenbar kann das N900 via ActiveSync nur einen einzigen Google-Kalender synchronisieren (oder Google synchronisiert via ActiveSync nur einen Kalender?). Das ist ein Witz.
  • Die Kontakte scheinen nicht vollständig übertragen zu werden. Hier vermute ich prinzipielle Schwächen des ActiveSync-Protokolls, etwa das obegenannte Fehlen selbstbenannter Labels oder möglicherweise auch eine Beschränkung der maximal möglichen Einträge etwa für Telefonnummern oder Postadressen pro Kontakt. Da ich noch nirgends eine genaue Aussage darüber gelesen habe, was eigentlich fehlt, ist das aber Spekulation.
Fazit: Unbenutzbar. Hier bleibt also nur das Warten auf ein iSync-Plugin von Nokia. Beim N97 gab es das erst Ende Oktober, insofern wird es beim N900 möglicherweise bis Frühjahr dauern, bis Nokia das nachliefert.
Eines aber ist klar: Solange es von Nokia oder von dritter Seite keine sinnvolle Synchronisation mit Mac OS X gibt, ist das N900 keine Option.

1 Kommentar:

  1. Tolle Berichte - alle gut und verständlich zu lesen ! Weiter so !

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